Log #170 – Bergbau Überraschung

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Mein Schmuggel nach Lorville führte erst zu neuen Herausforderungen und dann zu Überraschungen.


Alles war auf Hochglanz poliert. Goldene Schrift auf schwarzen Wänden. Kein Dreck, kein Müll. Das Central Business District war eine Oase im vermüllten und verdreckten Lorville. Selbst die Luft schien sauberer zu sein. 

Ich hatte eine weitere Speziallieferung für die Arbeiter nach Lorville gebracht. Im Central Business District traf ich den korrupten Geschäftsmann, der die Waren am Zoll vorbei in die Stadt brachte. Wie immer war sein Auftreten und sein Ton selbstsicher und überheblich.

“Ah Du hast eine weitere Lieferung.” 

Seine Worte klangen wie ein Hohn. “Eine Lieferung für mich wolltest Du wohl sagen”, dachte ich mir.

“Und ich werde Dir die Waren wieder in die Stadt bringen, ohne dass der Zoll etwas davon merkt. Eine riskante und sehr wertvolle Dienstleistung möchte ich anmerken.” 

“Jetzt kommt bestimmt wieder eine weitere Erhöhung seines Anteils”, flüsterten die Gedanken leise in meinem Kopf. Aber ich sagte nichts und schwieg.

“Es ist an der Zeit, über meine Belohnung zu sprechen.”

“Wusste ich’s doch”, schrien die Gedanken laut in meinem Kopf. Äußerlich ließ ich mir nichts anmerken. Ich blieb ganz ruhig, schaute den Geschäftsmann teilnahmslos an.

“Ich möchte keinen Anteil von Deiner Lieferung. Die ist wertlos für mich.”

Es fiel mir schwer, meine Überraschung zu verbergen. Was war jetzt los? Bisher konnte er nicht genug von den Waren bekommen.

“Ich möchte, dass Du mir Bexalite bringst.”

Spätestens jetzt musste mir das Gesicht entgleist sein.

*

Bexalite war ein seltenes Mineral. Das zweitwertvollste nach Quantanium. Das Problem war, man konnte es nicht kaufen. Nicht mal auf dem Schwarzmarkt. Die einzige Möglichkeit an Bexalite zu kommen war das Rohmaterial abzubauen und in einer Raffinerie veredeln zu lassen. Doch damit nicht genug. Seit den Handelsbeschränkungen und dem Ende des Erz-Exports gab es nur noch eine Möglichkeit, das veredelte Bexalite zu verkaufen. In den Handelszentren der großen Landezonen im Stanton System. Von dort verschwand es im gierigen Schlund der Megakonzerne. 

Einige Tage später stand ich im Hangar der Raumstation Ambitious Dream Station. Dort hatte ich meine Prospector eingelagert, nachdem ich keine Erze und raffinierten Metalle mehr an die freien Völker exportieren konnte. Sie gab ein trauriges und blasses Bild ab. Eine matte, grau-bräunliche Patina hatte sich auf der Hülle gebildet. Nur die Triebwerke glänzten noch im alten Schein der Metallhülle. Die Hitze des Antriebs hatte das Metall resistent gegen Korrosion gemacht. Etwas wehmütig streichelte ich mit der Hand über die gealterte Außenhaut des Raumschiffes. Erinnerungen wurden wach. Erinnerungen an den Kauf der Prospector in Levski und meine holprigen Anfänge im Bergbau. Es waren schöne Zeiten gewesen. Sinnvolle Zeiten, in denen ich den freien Völkern helfen konnte. 

Wenig später steuerte ich die Prospector aus dem Hangar und flog zum Mond Daymar. Dort hatte ich damals die höchsten Konzentrationen an Bexalite gefunden.

*

Etwas demotiviert stand ich im Cockpit und nippte an meiner Wasserflasche.  Es war frustrierend. Seit Tagen war ich unterwegs und hatte kein Bexalite gefunden. Langsam gingen meine Vorräte zu Ende. Wenn ich nicht bald etwas fand, musste ich mit leeren Händen zurück. Wenigstens war die Aussicht schön. Die Anmut der Wüste beruhigte mich. Ich liebte das endlose Meer aus Sand. 

Schließlich setzte ich mich wieder in den Pilotenstuhl und suchte weiter. Es war eine Suche unter erschwerten Bedingungen. Die Prospector war schon immer alt und anfällig. Doch im Moment zickte die alte Dame besonders. Der Scanner versagte regelmäßig. Manchmal schaltete sich völlig unvermittelt das Triebwerk ab oder fuhr das Fahrwerk aus.

Doch dann fand ich endlich einen Brocken, einen sehr großen Brocken mit einer sehr hohen Konzentration an Bexalite. Geradezu aufgeregt landete ich, richtete den Bergbaulaser aus und drehte die Energie voll auf. Der Laser brummte, das Schiff zitterte vor Anstrengung, der Felsen fing an zu glühen. Aber nur sehr punktuell an der Stelle, an der er vom Laser penetriert wurde. Ich versuchte die Energie des Lasers zu erhöhen. Doch der Regler war schon am Anschlag. Das Energielevel im Felsen erhöhte sich nicht. Der Felsen war zu groß, zu resistent für die kleine Prospector. 

Enttäuscht schaltete ich den Laser ab. Mit einem Schlag war es ruhig, das Schiff vibrierte nicht mehr. Eine Zeit lang saß ich in der Stille und starrte auf den großen Felsbrocken. Es half nichts, ich musste weitersuchen. Der Schatz aus Bexalite in diesem Felsen blieb unerreicht für mich. Langsam stieg die Prospector nach oben, das Fahrwerk fuhr ein und der Felsbrocken wurde kleiner unter mir. 

Plötzlich haute ich mit der flachen Hand gegen meinen Kopf. Wie konnte ich nur so blöd sein. Manchmal war ich echt verwirrt. Mit einem kleinen Dreh am Steuerknüppel ging die Prospector wieder in den Sinkflug. Das Fahrwerk fuhr aus und fing das Schiff sanft auf dem Sand auf. Kaum gelandet, schaltete ich die Triebwerke ab und ging nach hinten in den Wohnbereich. Eilig zog ich den Raumanzug an und befestigte etwas am Rucksack. Ein kleines Gerät mit einer großen Wirkung. 

Wind und Sand bliesen mir entgegen, als die äußere Tür der Luftschleuse aufging. Schnell war ich die Leiter herunter geklettert und stapfte durch den Sand zum Felsbrocken mit dem Bexalite. Ich hatte völlig vergessen, dass ich eines dieser neuen Mining Gadgets gekauft hatte. Einen BoreMax. Er reduzierte die Resistenz des Felsens um 75%. Damit sollte ich eine Chance haben ihn zu knacken. Nachdem ich das Gadget am Felsen angebracht und auf die richtige Resonanz eingestellt hatte, aktivierte ich es. Die Kontrollleuchte blinkte grün. Es konnte losgehen. Erfreut klatschte ich in die Hände und rannte ungeduldig zum Schiff zurück. Würde es klappen? Würde die Energie des Laser jetzt reichen, um den Felsen zu knacken? Aufgeregt sprang ich in den Pilotensitz. Den Raumanzug ließ ich an, ich wollte keine Zeit verlieren. 

Es machte klick als ich den Schalter betätigte. Der Laserarm fuhr aus und ich drehte die Energie wieder voll auf. Der Energielevel im Felsen stieg langsam, aber er stieg. Schließlich erreichte der Balken der Energieanzeige den grünen Bereich. Kurze Zeit später zerbrach der Felsen mit einem lauten Knall in mehrere Teile. Der Laser verstummte und ich fiel entspannt mit einem breiten Grinsen im Pilotensitz zurück.

Nachdem ich den BorMax wieder eingesammelt und das Bexalite extrahiert hatte verließ ich den Mond Daymar. Die Erztaschen der Prospector waren randvoll, fast ausschließlich mit Bexalite.

*

Am Raffinerie Terminal der Ambitious Dream Station platzierte ich den Auftrag, das Bexalite zu veredeln. Rechts neben mir in der Ecke des Raums stand ein Schreibtisch. Hinter dem Schreibtisch fiel mir ein Schild auf, das auf einem Schränkchen stand. Auf dem Schild war ein Symbol, das mir bekannt vorkam. Darunter stand etwas. Ich ging hinter den Schreibtisch, um mir das Schild näher anzuschauen. Erstarrt blieb ich stehen. Ich konnte nicht glauben, was ich auf dem Schild sah. War das möglich? Konnte das wirklich sein?

“Du fragst Dich, was auf dem Schild ist.” 

Die Stimme hinter mir klang freundlich. Langsam drehte ich mich um.

“Ich weiß was das ist. Ich habe eine Zeit lang auf Levski gelebt und habe immer noch Freunde dort.”

Auf dem Schild war das Symbol der Peoples Alliance. Der Gemeinschaft, die unabhängig vom UEE auf Levski lebte. Eine politische Gruppe, die bis heute politisch Verfolgten, Andersdenkenden und Freiheitsliebenden einen Unterschlupf bot. 

“Wenn das so ist, dann treffe mich in einer Stunde unten im Shop.”

Der Typ verschwand und ich blieb verwirrt zurück. Wieso stand hier im Stanton System ein Schild der Peoples Alliance? Früher hatte ich Erze und Metalle nach Levski exportiert. Früher, bevor es Handelsbeschränkungen gab. Ich hatte Waren zwischen Levski und dem Stanton System geschmuggelt. Mein Herz hing immer noch an Levski. An diesen besonderen freiheitsliebenden Menschen. Ich war viel zu lange nicht dort gewesen.

Eine Stunde später traf ich den Typen im Raffinerie-Shop. Lässig saß er auf einem Stuhl. Schildmütze, Schutzbrille, Handschuhe und Knieschoner deuteten darauf hin, dass er ein Arbeiter in der Raffinerie war..

“Habe Levski kontaktiert. Dich überprüft. Du gehörst tatsächlich zu uns. Freut mich.”

“Wie zu uns? Ich verstehe nicht.” Was wollte der Typ mir sagen? Hatte die Peoples Alliance einen Außenposten in Stanton? Was ging hier vor?

“Sehe Deine Verwirrung in Deinem Gesicht”, der Typ lachte kurz und fuhr fort. “Nach dem Ende von Export der Erze und Metalle, suchten wir neuen Weg.”

Jetzt war ich hellwach und gespannt wie ein Bogen. “Und habt Ihr einen gefunden?”

“Ja. Wir haben die Raffinerien unterwandert. Das Erz für die freien Völker wird speziell raffiniert. Der Ursprung im Stanton System ist nicht nachvollziehbar. Danach wird es nach Orison gebracht. Dort bringt es jemanden aus dem Stanton System.”

“Wer kümmert sich um die Spezialtransporte aus dem Stanton System?”

“Keine Ahnung. Kenne ihn nicht. Auch nicht seinen Namen. Weiß nur, dass die Metalle aus der Raffinerie nach Orison gehen. Der Kontaktmann dort befindet sich im Lagerbereich der Providence Plattform.”

Das waren wirklich überraschende und gute Neuigkeiten. Jetzt konnte ich wieder Bergbau betreiben und den freien Völkern helfen. Und ich hatte auch eine Ahnung, wer der Unbekannte sein könnte, der die Spezialtransporte in Orison organisierte. Doch zunächst musste ich das Bexalite zum korrupten Geschäftsmann nach Lorville bringen.