Log #169 – Die Crew

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Brubacker stellte eine Crew für eine Carrack zusammen. Es war ein seltsames Unterfangen mit einem sehr holprigen Start.


Ich konnte nicht aufhören zu lachen. Das musste ein Aprilscherz sein. Wieder und wieder las ich die Nachricht von Brubacker. Die Tränen liefen mir vor Lachen über die Wangen. Anscheinend hatte Brubacker von Anvil eine Carrack bekommen. Im Rahmen einer Marketingaktion: “Jeder kann eine Carrack fliegen.”

Das konnten die von Anvil nicht ernst meinen. Brubacker, ausgerechnet Brubacker. Er war der lebende Beweis, dass nicht jeder eine Carrack fliegen konnte. Brubacker hatte mal eine Carrack gehabt. Die “Arthur C. Clarke”. Wir hatten zusammen einige Abenteuer mit diesem Schiff erlebt. Bis zu dem Augenblick, als die Behörden ihm nicht nur seine Carrack weggenommen hatten, sondern auch die Lizenz, eine zu fliegen. Er war so ein miserabler Pilot, dass man ihn als Gefahr für die Öffentlichkeit angesehen hatte. Ein seltener Augenblick, in dem ich mit den Behörden einer Meinung war.

Auf jeden Fall stellte Brubacker eine Crew zusammen. Er wollte sich mit uns in der VIP Lounge des Riker Memorial Spaceports auf dem Planeten ArcCorp treffen. Warum nicht. Den Spaß und das Gefühl an Bord eines Explorers wollte ich mir nicht entgehen lassen. Auch wenn mir der Glaube fehlte, dass Brubacker wirklich eine Carrack hatte. Und wenn doch, könnte ich sie ja vielleicht für einen Spezialtransport nutzen. Unter fremder Flagge sozusagen. Außerdem würde ich meine Freunde nie im Stich lassen. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und machte mich auf den Weg.

*

Den ersten Aufreger auf ArcCorp hatte ich gleich nach dem Verlassen des Fahrstuhls vom Hangar. In der Abfertigungshalle des Spaceports lagen an einem Kiosk mehrere Zeitschriften, auf denen mein Gesicht zu sehen war. Was zum Teufel hatte der Schreiberling Brubacker jetzt schon wieder angestellt? Wie sollte ich unter dem Radar bleiben, wenn er Artikel oder Sendungen bei Radio Infinity über mich veröffentlichte? Bei einem genaueren Blick fragte ich mich allerdings, ob das wirklich ich war oder jemand mit einem ähnlichen Gesicht. Oder ein Fehler bei dieser verdammten Imprint Technologie. Ist da etwa jemand fälschlicherweise in meinem Körper regeneriert? Ich musste Brubacker damit konfrontieren.

Kurz darauf traf ich die anderen in der VIP Lounge. Brubacker hatte sich extra schick gemacht mit grauen Halbschuhen, feiner Hose, Lederjacke und Anvil-Shirt. Gabriel Winters  war auch da. Und eine Frau namens Ella Clemens. Eine Krankenschwester. Es war eine gute Sache, jemanden an Bord zu haben die sich um Verletzte kümmern konnte. Ella meinte aber, sie könne nicht nur mit der Spritze umgehen, sondern auch mit den Kanonen eines Geschützturms. Das war beruhigend. Und Gabriel war ein top Pilot. Besser er war am Steuer als Brubacker. Die Voraussetzungen waren nicht so schlecht. Jetzt brauchten wir nur noch eine Carrack. Ich zweifelte ja immer noch daran, dass Brubacker wirklich eine hatte.

Brubacker redete und redete. Anscheinend waren wir noch nicht vollzählig. Irgendwann rückte er mit dem Haken an der Sache raus. Anvil wollte, dass er eine Radiosendung vom Leben an Bord der Carrack machte. Na toll, wieder ein Auftritt in der Öffentlichkeit. Dann eröffnete er auch noch, dass ein Aufpasser von Anvil mitkommen würde. Eine Art Hausmeister. Würde ich an der Stelle von Anvil auch machen, wenn ich Brubacker ein Schiff geben würde. Allerdings würde er meine White-Rabbit nicht bekommen.

Nach langer ermüdender Rede von Brubacker gingen wir endlich in den Hangar. Und da standen wir. Vor dem großen, wirklich großen Nichts. Der Hangar war leer. Keine Carrack. Wusste ich’s doch. Es war ein Aprilscherz. Das Lachen konnte ich mir nicht länger verkneifen. Brubacker telefonierte zwischenzeitlich mit einem Vertreter von Anvil. Anscheinend war etwas schief gelaufen. Fehler bei den Behörden oder was auch immer. Wer’s glaubt.

Wie auch immer. Brubacker war uns was schuldig und nicht nur eine Erklärung. Immerhin lud er uns in die G-Loc Bar ein. Wenigstens lief hier alles wie am Schnürchen. Der Barkeeper war motiviert und schenkte mir eine Whiskey-Cola nach der anderen ein. Solange Brubacker zahlte, sollte mir das recht sein.

*

Einige Tage später trafen wir uns wieder auf dem Planeten ArcCorp. Wieder Riker Memorial Spaceport, wieder VIP Lounge. Wie ein Tiger lief Brubacker nervös hin und her. Ich saß  entspannt im Sessel. Warum aufgeregt sein, eine Carrack würden wir eh nicht zu Gesicht bekommen. Gabriel war mit seiner Kiste beschäftigt, Ella starrte Löcher in die Luft. Dann kamen Nick und Doerek, die Crew war vollzählig.

Auf dem Weg zum Hangar warnte ich Doerek noch, dass es ähnlich chaotisch werden könnte wie bei unserem Ausflug mit F.R.O.S. Wenn ich gewusst hätte, wie recht ich haben sollte, wäre ich wieder ins Bett gegangen. Und dann die Überraschung. Im Hangar stand tatsächlich eine Carrack. OK, stand war die falsche Beschreibung. Sie schwebte mit eingezogenem Fahrwerk über dem Boden. Die Rampe war offen, aber zu hoch, um einsteigen zu können. Irgendetwas stimmte hier nicht und mahnte mich zur Vorsicht. Sicherheitshalber zog ich die Rüstung an, die ich bereit gelegt hatte.

Mit Kisten bauten wir uns eine Treppe und gingen an Bord. Im Mannschaftsquartier fanden wir im Bett einen übellaunigen Typen. Es war der Aufpasser, den Anvil mit geschickt hatte. Oder Hausmeister, wie er sich selber nannte. Hr Aruhso der Übellaun war nicht nur schlecht drauf weil wir ihn geweckt hatten, nein der war so. Manche Menschen waren blöd, andere böse, Aruhso war schlecht gelaunt. Ständig hatte er etwas auszusetzen. Mich nannte er einen Cyborg. Wahrscheinlich war er neidisch, weil er keine so coole Rüstung hatte. Wollten wir doch mal sehen, ob er genug Schmieröl an Bord hatte, um mich geschmeidig zu halten. Wenig überraschend war dem nicht so. Es gab zwar jede Menge Equipment an Bord, aber keine Whiskey-Cola, kein Bier, nichts Vernünftiges. 

Irgendwann war es endlich soweit und wir konnten starten. Zum Glück saß nicht Brubacker am Steuer. Gabriel lenkte uns gekonnt aus dem Hangar und über das endlose Häusermeer des nächtlichen ArcCorp. Ich zog meine Rüstung aus und genoss den Blick von der oberen Brücke. Es war ein erhabenes Gefühl. Ein Gefühl auf Reisen zu gehen und fremde Welten zu entdecken. Für einen Moment war ich versunken in Tagträume von fremden Planeten und unbekannten Lebewesen. Dann verschwanden die Lichter der ewigen Stadt unter uns. Die riesige Scheibe der Brücke war voller Sterne, die Orbitalstation Bajini Point kam in Sicht.

Plötzlich wurden wir beschossen. Wir waren dem militärischen Bereich der Station zu nahe gekommen. Tja, ein Sperrgebiet sollte man besser respektieren, auch mit einer Carrack. Gabriel gab vollen Schub und aktivierte den Boost. Ein gewaltiger Ruck ging durch das Schiff. Es bebte und zitterte. Das Metall stöhnte. Alle, die nicht angeschnallt waren, verloren das Gleichgewicht und lagen auf dem Boden. Das fing ja gut an. Nachdem Gabriel eine Schleife geflogen hatte, kehrten wir nach Bajini Point zurück und landeten ohne weitere Zwischenfälle in einem Hangar. 

Arusha, der Hausmeister führte uns nach der Landung durch das Schiff. Nick fielen dabei einige seltsame Dinge und Defekte auf. Die Carrack war wohl nicht neu. Der Hausmeister meinte noch, er hätte sie aus einer Werkstatt geholt. Irgendwie hatte ich den Eindruck er hatte sie ein paar Tage zu früh geholt. Und jedesmal, wenn wir etwas genauer anschauen wollten, motzte er rum, wir sollten die Finger weglassen. Das konnte ja lustig werden, wenn der Hausmeister uns auf der ganzen Reise am Arsch hing. Vielleicht sollte ich ihm etwas mitbringen, um lockerer zu werden.

Zeit genug hatte ich. Die Carrack blieb erstmal auf der Station für weitere Reparaturen. Nachdem ich mich von den anderen verabschiedet hatte, machte ich mich mit der White-Rabbit auf den Weg. Es war höchste Zeit für einen weiteren Spezialtransport nach Lorville. Die Arbeiter warteten auf eine neue Lieferung.

–> Die Sicht von Brubacker

–> Podcast und Webseite von “Die Crew”