Log #126 – Der Kontaktmann

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Ich war auf der Suche nach jemandem der an Shubin Insiderinformationen kommen konnte. Die Suche gestaltete sich schwierig.



Häuserschluchten so tief und eng das man über sich kaum die Sterne sah. Die Hochhäuser ragten empor wie steile Klippen die sich oben fast berührten. Auch am Tag drang wenig Sonnenlicht bis auf die Straßen hinab. Trotzdem trug ich eine Sonnenbrille. Die allgegenwärtige Werbung blendete die Augen und schmerzte in den Ohren. Und überall Menschen, Milliarden von Menschen. Ein Gewusel wie in einem Ameisenhaufen. Auf dem Stadt-Planeten ArcCorp eine einzelne Person zu finden, glich der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Oder eben der Suche nach einer einzelnen Ameise im Ameisenhaufen.

Ich hoffte dass mir diese Person helfen könnte, dass sie Kontakte herstellen könnte zu Personen im inneren Kreis bei Shubin Interstellar. Es gab einen schnellen Weg die Person zu finden. Doch diesen Weg wollte ich nicht gehen. Zu unsicher war dieser Weg, er war schwer zu gehen, wie ein matschiger Pfad in einem Sumpfgebiet. Also suchte ich auf meinem eigenen Weg und startete die Suche in der ‘G-Loc Bar’. Hier hatte ich die Person einst getroffen.

Doch die ‘G-Loc Bar’ war leer. Leer wie mein Magen der anfing zu knurren. Am Essensstand gegenüber der Bar beruhigte ich das hungrige Monster in meinem Bauch. Danach suchte ich weiter und wagte mich in die dunklen Gassen von ArcCorp. Nebelschwaden, schwache Beleuchtung und Schatten, überall waren Schatten. Sie lauerten an jeder Ecke. Vorsichtig tastete ich mich durch die dunklen Schluchten. Ich war auf der Hut und schaute immer wieder über die Schulter. Es wäre nicht das erste mal, dass mich hier jemand niedergeschlagen würde.

Doch meine Suche blieb erfolglos. Musste ich doch den sumpfigen Weg nehmen? Er würde teuer werden, jemand würde Gegenleistungen von mir verlangen. Gegenleistungen die mir nicht gefallen würden. Doch ich sah keine andere Möglichkeit. Eine weitere dunkle und  verwinkelte Gasse führte mich zu ihr. Wie würde sie reagieren? Es waren nur noch wenige Schritte. Die Dunkelheit wich einem Panoramablick über Area18. Und dann stand ich vor ihr, Tecia “Twitch” Pacheco. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, ein flaues Gefühl breitete sich in meinem Magen aus.

Tecia Pacheco saß erhöht auf ihrem Stuhl, flankiert von Leibwächtern. Von oben schaute sie auf mich herab, arrogant, abschätzig. “Zero, Du hast Nerven hier aufzutauchen, nachdem Du meinen letzten Auftrag versaut hast.”
“Was kann ich dafür, dass der Fahrstuhl nicht funktioniert hat. Ich sollte ein Paket holen, keinen Fahrstuhl reparieren.”
Sie lehnte sich nach vorne und schaute mich eindringlich an. “Deine Probleme mit Fahrstühlen interessieren mich nicht. Das Paket interessiert mich. Ein anderer Versager hat geschafft, wozu Du nicht in der Lage warst.”

Nervös verlagerte ich das Gewicht von einem Bein auf das andere. “Dann ist ja alles gut und Du hast Dein Paket bekommen.” Ich machte eine kurze Pause, holte tief Luft und fuhr etwas zaghaft fort. “Und vielleicht könntest Du mir einen Gefallen tun. Ich suche Deinen Mitarbeiter, der früher bei Shubin Mining auf der Archon Station im Odin System gearbeitet hat.”
Tecia lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und schaute an mir vorbei. “Wenn ich Dir helfe, stehst Du in meiner Schuld. Egal was ich verlange, Du wirst es tun. Und diesmal wirst Du es richtig tun.”
Ich zuckte mit den Schultern. “Was bleibt mir anderes übrig. Was immer Du willst.”
Das hämische Lachen einer der Leibwächter war nicht zu überhören.
Tecia machte mit der Hand eine Bewegung die andeutete, dass ich gehen soll. “Du kannst gehen. Man wird Dich kontaktieren.”

Eine Stunde später erhielt ich eine knappe Nachricht. “Bierstand, Zone 3, in zwei Stunden.”
Der Kontaktmann saß in einer Ecke am Tisch. Direkt an einer Wand, geschützt vor unerwünschte Ohren.
Ich setzte mich neben ihn und kam direkt zur Sache. “Hast Du noch Kontakte zu Shubin Mitarbeitern? Ich suche jemanden, der Informationen über die illegalen Aktivitäten von Shubin liefern möchte. Möglichst aus dem inneren Kreis von Shubin.”
Er drehte den Kopf zu mir und runzelte die Stirn. “Du kommst direkt zur Sache, was. Hast Du es eilig?” Nach einer Pause fuhr er fort. “Da wir schon über illegale Shubin Aktivitäten gesprochen haben will ich mal nicht so sein. Aber das kostet Dich was.”

Ich stöhnte. “Das kommt mir bekannt vor.”
“Die Schuld bei mir hat nichts mit der Schuld bei Twitch zu tun”, sagte er kopfschüttelnd.  
“Das habe ich verstanden. Und hast Du Kontakte?”
“Jetzt mal langsam Zero.” Er drehte sich um und rief zu dem Typ am Bierstand. “Bring uns zwei Schmolz. Mein Freund hier zahlt.”
Als das Bier auf dem Tisch stand trank er die Flasche auf einen Zug leer. Er hob die leere Flasche gegen das Licht, drehte sie hin und her und schaute durch das braune Glas. “Shubin zu durchleuchten ist nicht einfach. Man kann nicht so einfach schauen was im Inneren passiert.” Dann stellte er die Flasche auf den Tisch und schaute mich an. “Aber ich kennen in der Tat noch Leute aus meiner Zeit bei Shubin, die jetzt in der Zentrale arbeiten. Manchen sind die illegalen Aktivitäten von Shubin ein Dorn im Auge. Bisher hat sich aber niemand getraut den Mund auf zu machen. Aber wenn wir das richtig angehen, könnte es eine Möglichkeit geben. Und wenn die Drogengeschäfte von Shubin ans Licht kommen, könnte das für die Geschäfte von Twitch von Vorteil sein. Ich rede mit ihr und gebe Dir bescheid.”
Er stand auf und drehte sich im Gehen noch mal um. “Vergiss nicht das Bier zu bezahlen. Und sei nicht geizig mit dem Trinkgeld.”

Nach dem ich gezahlt hatte wollte ich noch bei Brubacker in der Redaktion vorbei schauen. Ich hatte viel zu berichten. Doch Brubacker war nicht da. Wahrscheinlich war er mal wieder irgendeiner unbedeutenden Story auf der Spur. Ich wollte gerade gehen, als mir eine Person auffiel. Sie stand auf einem Balkon gegenüber von Brubacker’s Büro. Es sah so aus, als ob die Person die Räumlichkeiten von Brubacker beobachtete und sich Notizen machte.