Kjeld tauchte nicht zu einem Treffen auf, dafür fand ich neue überraschende Informationen.
Ich stand auf dem Aussichtsdeck und schaute hinaus in den Weltall. Es waren nur wenige Sterne zu sehen. Die Raumstation war von einer Gaswolke umgeben. Sie legte sich wie ein Schleier über die Sterne und verschluckte das Licht. Ein Schleier umgab auch die Thiago Lobby. Wer steckte hinter der Lobby? Warum war eine Tasse der Thiago an Bord meiner Star Runner gewesen? Hatte die Thiago die Bordcomputer meines Schiffs durchsucht? Welche Rolle spielte die Thiago in dem ganzen Spiel? Ich erinnerte mich an ein Gespräch mit Kjeld. Er meinte die Thiago Lobby stecke bei Enos mit drin, sie hätte viel Geld und würde verschiedene Unternehmen unterstützen, so auch Shubin Interstellar. Nach dem Gespräch mit Kjeld hatte ich mir vorgenommen mich bei Shubin in die Computer zu hacken. Es war Zeit den Plan in die Tat umzusetzen.
In dem Augenblick piepste mein Mobiglas. Es war eine Nachricht von Kjeld.
“Zero, ich habe dir doch von den Cyberangriffen erzählt. Dahinter steckte ein Hacker namens Ebo Caris. So wie es aussieht hat er für die Forgotten 15 gearbeitet. Da stimmt was nicht. Ich sende dir später eine Black Data. Die bekomme ich nicht geknackt. Treffen wir uns in der Old 38. Ende“
Mit einem Stöhnen ließ mich auf eines der Sofas auf dem Aussichtsdeck fallen. Ich hatte gehofft Kjeld hätte Informationen darüber wer meine Bordcomputer durchsucht hatte. Es war allerdings nicht ausgeschlossen, dass der Cyberangriff auf Kjeld und die Durchsuchung meiner Computer in Zusammenhang standen. Auf jeden Fall war Kjeld zur Zielscheibe geworden, genau wie ich. Ich legte den Kopf auf die Rückenlehne des Sofas und blickte mit leeren Augen nach oben an die Decke. Ich wollte auf keinen Fall nach Grim Hex oder sonst irgendeinen belebten Ort. Zu groß war meine Sorge aufgespürt zu werden. Kjeld und ich verabredeten ein Treffen auf der abseits der Handelsrouten gelegenen Raumstation CRU-L4. Nachdem mein ROC repariert war machte ich mich auf den Weg.
*****
Als ich CRU-L4 erreicht hatte wartete ich mehrere Stunden auf Kjeld. Doch er kam nicht. Er reagierte auch auf keine Nachricht. War ihm etwas zugestoßen? Hatten ihn die Mächte hinter Enos erwischt und ausgeschaltet? Panik machte sich in mir breit. Sie stieg in mir hoch wie die Flut der Gezeiten. Ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Wenn es Kjeld erwischt hatte, war auch ich nicht sicher. Genau wie Wasser einen Weg findet, finden auch die Mächtigen einen Weg. Ich konnte mich nicht länger verstecken. Aber ohne Informationen würde ich in diesem Wirrwarr keinen sicheren Weg finden. Meine beste Option war die Hacker mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Bei Shubin wollte ich anfangen. Ich hatte auch eine Idee, wie mir das gelingen könnte.
*****
Nach einem langen Tag ROC Mining landete ich beim Shubin Mining Außenposten SAL-2 auf Lyria. Es war bereits dunkel. Einige Laternen tauchten den Außenposten in ein sanftes Licht. Hinter den Gebäuden waren schemenhaft Felsen und Geysire zu erkennen. Mit einem leiser werdenden Brummen verstummten die Triebwerke meiner alten Cutlass. Ich ging auf direktem Weg zum Lagerhaus in dem auch das Admin Büro war. Die Ladung Mineralien aus dem ROC konnte ich ohne Probleme verkaufen. Etwas gelangweilt bestätigte der Manager die Transaktion. Die Einsamkeit und Tristheit, vom Dienst in dem Außenposten, war ihm deutlich anzumerken. Ich tat so als ob ich zufällig zwei Dosen Whiskey-Cola in meinen Taschen gefunden hätte und bot ihm eine an. Wir kamen ins Gespräch.
“Ziemlich öde hier draußen, oder”, fragte ich den Manager.“
“Ja Du sagst es. Wochenlang alleine Dienst schieben ist schon hart. Da bin ich um jede Abwechslung froh.”
“Ja das kenne ich. Ich bin meistens alleine mit dem ROC unterwegs. Einsames Steineklopfen.”
“Du hast wenigstens eine Beschäftigung. Ich sitze hier nur rum und warte dass mal jemand vorbei kommt. Der Bergbau in der Station ist automatisiert. Ich habe hier quasi nichts zu tun.”
“Du hast immerhin Sanitäre Einrichtungen und eine Küche. In meiner Cutlass sind zwei Betten, sonst nichts. Da muss ich bei längeren Ausflügen improvisieren. A propos Sanitäre Anlagen. Könnte ich mal Dein Klo benutzen? Ich bin schon ziemlich lange unterwegs.”
“Ha Ha. Kein Problem. Geh einfach rüber in das Wohnmodul. Und wenn Du eh dort bist, kannst Du auch die Dusche benutzen. Ich glaube Du hast es nötig”, sagte der Manager mit einem lauten Lachen.
Zum Wohnmodul musste ich ein Stück durch die kalte Nacht von Lyria laufen. Das Gebäude war leer, der Manager war wirklich alleine in dem Außenposten. Hinter dem Eingangsbereich des Wohnmoduls befand sich links ein großer Tisch, dahinter die Duschkabine. Geradeaus war eine Küchenzeile und schräg gegenüber dem Eingangsbereich standen Kojen Betten die nur zu einer Seite offen waren. Sie bildeten einen kleinen extra Bereich der vor Blicken geschützt war. Dort fand ich was ich gesucht hatte – Computer.
Es war wie ich erwartet hatte. In einem so abgelegenen Außenposten waren die Sicherheitsvorkehrungen nicht sehr hoch. Ich konnte mich ohne Probleme in die Computer hacken. Auf den Zentralcomputer von Shubin konnte ich nicht zugreifen, dieser war zu gut abgesichert. Aber auf ein weniger gesichertes Archiv gelang mir der Zugriff. Verstohlen blickte ich mich um. Ich war alleine, der Manager würde hoffentlich nicht ins Wohnmodul kommen. Ich fing an das Archiv zu durchsuchen. Auf den ersten Blick schien es nur belanglose Dokumente zu geben. Immer tiefer tauchte ich ab in die Abgründe des Archivs. Es gelang mir Fragmente von bereits gelöschten Dokumenten wieder herzustellen. Vier Fragmente erregten meine Aufmerksamkeit.
“….Auftragsklärung mit Scorpio Lycosi….”
“…..unabhängiger Pilot ….. geheimen Chip Transport nach Grim Hex……”
“….Gespräche mit HD im Secret Room….. Keine interplanetare Kommunikation…..”
“….Einladung …. Thiago Party auf der Renaissance…..”
Scorpio Lycosi war der Anführer der radikalen Splittergruppe der Nine Tails. HD musste Hurston Dynamics sein. Und Shubin war von der Thiago Lobby auf eine Party eingeladen worden. Das war der Hammer. Ich setzte mich auf den Schreibtischstuhl und stütze den Kopf in die Hände. Shubin saß wie eine Spinne im Netz. Es gab Verbindungen in mehrere Richtungen. Zu den Nine Tails, zu Hurston Dynamics und zur Thiago Lobby. Aber was war das für ein geheimer Chip Transport nach Grim Hex? Grim Hex war der Stützpunkt der Nine Tails……und von TYR. Ob Kjeld irgendetwas davon wusste? Und was für super geheime Gespräche führte Shubin mit Hurston Dynamics? Wenn die Gespräche in einem geheimen Raum geführt wurden und nicht über interplanetare Kommunikationskanäle konnte ich über meine Abhöreinrichtung im Comm Array nichts in Erfahrung bringen.
Puzzleteile flogen in meinem Kopf umher wie Blätter im Wind. Sie fügten sich aber nicht zusammen. Der Wirbelsturm in meinem Kopf legte Erinnerungen frei.Erinnerungen an den Auftrag den ich beim Shubin Außenposten auf dem Mond Daymar erhalten hatte. Ich musste damals den Tod einer Person bestätigen.Erinnerungen an den geheimen Transportflug den ich nach Grim Hex gemacht hatte. Die Ware hatte ich bei einem Shubin Außenposten abgeholt.Erinnerungen an den Namen Renaissance. Diesen Namen hatte auf einem Zettel neben einer Packung Drogen auf Grim Hex gesehen. Shubin, immer wieder hatte ich Kontakt zu Shubin wenn ich in illegale oder geheime Aufträge verwickelt war. Ich brauchte mehr Informationen aus dem Inneren von Shubin. Nur wie sollte ich an diese gelangen? Plötzlich kam mir eine Idee wie ich an Shubin Insiderinformationen kommen könnte. Ich machte mich auf den Weg zum Planeten ArcCorp. Vorher verschlüsselte ich die gefundenen Informationen und sendete sie an Kjeld.