Log #127 – Der Informant

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Ich sollte einen Informant bei Shubin treffen. Mir wurden jede Menge Knüppel zwischen die Beine geworfen.


Schneller als erwartet bekam ich eine Nachricht von meinem Kontaktmann. Er hatte ein Treffen arrangiert mit einem Mitarbeiter von Shub Interstellar, der bereit war Insiderinformationen preis zu geben. Ich sollte zu einem geheimen Treffpunkt mitten in New Babbage kommen. Ausgerechnet New Babbage. Der Ort den ich meiden wollte. Der Ort an dem meine Star Runner konfisziert worden war. Der Ort an dem mir jemand auf den Versen war. Doch ich hatte keine andere Wahl, ich musste das Risiko eingehen. Ich musste es schaffen unentdeckt in die Stadt zu kommen. Ich musste unter dem Radar bleiben.

Ich landete einige Kilometer entfernt von der Stadt. Es war Nacht, die Sterne funkelten um die Wette mit den Lichtern der Stadt. Im Schutz der Dunkelheit wollte ich mit dem ROC über den zugefrorenen See in die Stadt fahren. Ein Bergbau-Fahrzeug, das zu später Stunde in die Stadt zurück kommt, sollte keine Aufmerksamkeit erregen. So meine Hoffnung.

Ich stand am Fuße der Laderampe meiner Cutlass im Schnee und fröstelte leicht. Es war kalt, sehr kalt. Mein Raumanzug würde mich maximal 40 Minuten vor der Kälte schützen. Mit kritischem Blick prüfte ich die Entfernung zu den Hochhäusern der Stadt. 40 Minuten würden nicht reichen um zum Treffpunkt zu fahren, mich mit der Zielperson zu treffen und wieder zurück zu fahren. Ich ging zurück in die Cutlass und schaute in den Spinnt. Zum Glück hatte ich den Kälteschutzanzug dabei. Damit war ich zwar etwas unbeweglich, aber gut vor der Kälte geschützt.

Nachdem ich mich umgezogen hatte rauschte ich mit dem ROC über die planke Eisfläche. Die Reifen hatten wenig Grip und drehten immer wieder durch. In der Dunkelheit konnte ich kaum etwas erkennen. Ich traute mich aber nicht die Scheinwerfer an zu machen. Ich wollte nicht mehr sein als ein Schatten, ein Schatten der durch die Nacht huschte.  Und dann sah ich einen Schatten der links an mir vorbei rauschte. Ich konnte nicht erkennen was es war. Dann noch einer. Plötzlich tauchte vor mir etwas aus der Dunkelheit auf. Es kam schnell näher. 

Und dann erkannte ich es. Ein Eisberg. Ich war umgeben von Eisbergen. Ungebremst steuerte ich auf den Eisberg zu. Ich versuchte nach links auszuweichen. Die Räder waren voll eingeschlagen doch der ROC fuhr geradeaus weiter. Die Eisfläche des Sees hatte ihre eigenen Regeln und ließ keine schnellen Richtungswechsel zu. Der Eisberg wurde immer größer, kam unbeirrt auf mich zu. Verzweifelt riß ich die Steuerknüppel hin und her und versuchte den unvermeidlichen Aufprall zu verhindern. Ich sah mich schon am Eisberg zerschellen, als er plötzlich zur Seite zu gehen schien. Der ROC änderte die Richtung. Erst nur zögerlich dann vehement. Ich erreichte die Wand aus Eis. Der Bergbaulaser schrammt am Eisberg entlang. Eissplitter flogen durch die Nacht. Ich wurde in meinem Sitz hin und her geschleudert. Dann war der Eisberg hinter mir.

Mit reduzierter Geschwindigkeit fuhr ich zwischen den Eisbergen weiter. Ich atmete tief durch und schaute auf die heller werdenden Lichter der Stadt die immer näher kamen. Und noch etwas wurde heller. Der Horizont. Es fing an zu dämmern. Die schneebedeckten Berge in der Ferne färbten sich bereits orange. Ein Rennen gegen die Zeit begann. Wenn ich im Schutz der Dunkelheit bleiben wollte musste ich mich beeilen.

Dabei hatte ich keine Ahnung wie viel Zeit ich brauchen würde. Ich wusste nicht mal genau wo ich hin musste. An welchem Ort würde das Treffen sein? Welche dunkle und geheime Orte gab es in der hochglanz Metropole New Babbage? Was würde mich dort erwarten? “Folge dem Metroloop vom Spaceport zum Aspire Grand, dann wirst Du es finden.” So waren die Anweisungen. Zweifel ergriffen mich als ich am Fuße des Aspire Grands ankam. Ein dunkles Loch klaffte im Gebäude unterhalb des Metroloops. Die Schwärze in dem Loch war noch schwärzer als die Nacht. Ich fragte mich, ob es eine gute Idee wäre ohne Rückendeckung in die Finsternis des Loches zu fahren. 

Meine Zweifel waren noch nicht ausgeräumt als ich mit einem weiteren Problem konfrontiert wurden. Ich steckte fest. Die Räder des ROC waren bis zur Hälfte im Schnee eingesunken. Ich fluchte. Finstere Löcher, Eisberge, Schneeverwehungen und die aufkommende Helligkeit. Wie viele Knüppel wurden mir noch zwischen die Beine geworfen um zu diesem Treffen zu kommen. Ich hoffte das es das alles wert war und mir der Spitzel die Informationen liefern konnte die ich brauchte. Ich schaute über die Schulter zum heller werdenden Horizont. Die Zeit rannte.

Nach einigen Versuchen bekam ich den ROC wieder frei und fuhr durch das finstere Loch. Dunkelheit und doch da war etwas. Ein Lichtschimmer der einem Hoffnungsschimmer in der Finsternis glich. Unregelmäßig, nervös tanzte der Lichtschein in einiger Entfernung. Warum bewegte sich das Licht? Ich war irritiert und neugierig zugleich. Kurz vor der Lichtquelle parkte ich den ROC und ging das letzte Stück zu Fuß. Meine Anspannung stieg. Wer oder was würde mich dort erwarten?

Eine Schneewand türmte sich vor mir auf, sie hatte einen Durchgang durch den das Licht schien. Ich ging hindurch und blieb erstaunt stehen. Was war das für ein Ort? Ich konnte nich so richtig glauben was ich sah. Schneemänner, Weihnachtsbäume und Berge von Päckchen die mit buntem Geschenkpapier eingepackt waren. Und ein Lagerfeuer das leise knisterte und flackerte. Die Szenerie war skurril, unwirklich. 

Nachdem ich mich aus meiner Schockstarre gelöst hatte schaute ich mich um. Es war niemand da. Wo war die Person die ich treffen sollte? War der ganze Aufwand und das Risiko umsonst gewesen? Dann fand ich im Schnee einen alten Transmitter. Ein uraltes Gerät zum übertragen von Textnachrichten. Die Technik war so alt und primitiv, dass sie mit modernen Mitteln nicht aufgespürt oder abgehört werden konnte. Auf dem Gerät fand ich eine Nachricht.

Ich möchte die dunklen Machenschaften von Shubin ans Licht bringen. Aus Sicherheitsgründen muss ich anonym bleiben. Kommunikation nur über dieses Gerät. Aktuell plant Shubin, mit Hilfe der Thiago Lobby, andere Unternehmen aus dem Weg zu räumen. Mit unlauteren Mitteln wird versucht die Vorherrschaft im Bergbau zu sichern. Ich melde mich wenn ich weitere Informationen habe.

Verdutzt schaute ich erst auf den Transmitter und dann in das Lagerfeuer. War das alles? Das die Konzerne in Stanton versuchen alles zu dominieren haben die freien Völker schon leidvoll erfahren. Das war keine Neuigkeit. Mich interessierte viel mehr welche geheimen Gespräche Shubin mit Hurston Dynamics führte und welche Verbindungen Shubin zu den Nine Tails und nach Grim Hex hatte. Immerhin hatte ich eine weitere Bestätigung dass Shubin mit der Thiago Lobby zusammenarbeitete. Wer war diese Thiago Lobby und warum hatten die meine Bordcomputer durchsucht? In einer Antwort schrieb ich, welche Informationen ich benötigte. Dann packte ich den Transmitter ein und machte mich auf den Rückweg. Durch die Öffnung die ins Freie führte konnte ich sehen, dass es immer heller wurde. Der Tag brach an. Es war höchste Zeit zu verschwinden.

Der aufgehende Stern von Stanton zauberte warme, orange Lichtreflexionen auf das Eis des zugefrorenen Sees. Mit dem ROC jagte ich  zurück zu meiner Cutlass. Ich hatte keinen Blick für die Schönheit des Sonnenaufgangs. Meine Gedanken kreisten. Thiago, Shubin, Enos, Killersatelliten. Es gab so viele Puzzleteile, ich fand nur keine Verbindung.

Als ich bei meiner Cutlass ankam stand ich erneut vor einem Problem. Der Transmitter hatte keine Verbindung mehr. Er funktionierte nur über kurze Distanzen. Ich war zu weit von der Stadt entfernt um Nachrichten zu senden oder zu empfangen. Ich musste mir einen Weg überlegen um die Reichweite zu erhöhen. Doch dazu benötigte ich den “White-Rabbit”.