Der gefährliche Transport von Daten ermöglichte eine schockierende Enthüllung.
Nach dem Angriff auf die Siedler waren alle in Schockstarre. Es wurde gerätselt, wer die Angreifer waren. Es gab Vermutungen, Gerüchte, jedoch nichts Konkretes. Nur eines war sicher. Es war kein Einzelfall, die Angriffe erfolgten überall im Pyro-System. Eine Nachricht von Gerald zog mich tiefer in die Sache rein.
Hey Zero,
Die Citizens for Prosperity sagen, sie haben einige schockierende Enthüllungen über die Slicers ans Licht gebracht. Die Informationen müssten allerdings zur Validierung nach Stanton gebracht werden. Es werden mehrere Star Runners mit Daten losgeschickt. Auch die RUST Society wurde gebeten zu unterstützen. Du hast doch eine Mercury Star Runner. Wir könnten Deine Hilfe gebrauchen. Wenn Du uns helfen willst, komm mit Deiner Star Runner nach Sunset Mesa, dort klären wir alles weitere.
Gerald
RUST Society, Ortsgruppe Monox
Einen Tag später stand meine White Rabbit in der Landebucht von Sunset Mesa. Mein Raumschiff passte gerade so auf den im Boden eingelassenen Landeplatz. Während die Daten von den Servern in den Katakomben der Siedlung auf die White Rabbit übertragen wurden, wies mich Gerald in die Mission ein. Ich musste nach Lorville auf dem Planeten Hurston im Stanton System fliegen. Dort sollten die Daten im Hauptquartier der Citizens for Prospertity überprüft werden. Noch im Pyro-System sollte mich eine Eskorte in einem Asteroiden Cluster treffen.

Nach dem Start stieg ich steil in den blauen Himmel. Ich durchbrach vereinzelte Wolken und gewann schnell an Höhe. Noch bevor ich die Atmosphäre verlassen hatte, flogen plötzlich rote Laserstrahlen an meinem Cockpitfenster vorbei. Aus dem Nichts tauchten feindliche Raumschiffe auf und nahmen mich unter Beschuss. Ich war schon auf das Asteroiden Cluster ausgerichtet und der Quantum-Antrieb war geladen, allerdings konnte ich in der Atmosphäre nicht springen. Ein Ruck ging durch das Raumschiff und drückte mich tief in den Pilotensitz, als ich den Nachbrenner zündete. Ich versuchte, den Geschwindigkeitsvorteil der Star Runner auszuspielen. Wie eine Gewehrkugel jagte das schnittige Raumschiff durch die dünne obere Atmosphäre und wurde plötzlich vom Planeten in das Vakuum des Weltalls ausgespuckt. Dann tauchte ich in den Quantum-Tunnel ein. Der rote Planet Monox wurde schnell hinter mir kleiner.
Nur kurze Zeit später fiel ich aus dem Quantum-Tunnel und war umgeben von einer dichten, fast undurchsichtigen Gaswolke. Rundherum erschienen aus der braunen Suppe scharfkantige Asteroiden, die aussahen, als ob sie von einer mächtigen Gewalt zerfetzt worden waren. Ich musste sehr langsam fliegen, um eine Kollision zu vermeiden. Wie ein Geist bewegte sich die White Rabbit zwischen den Fels-Fetzen hindurch.
Von meiner Eskorte war allerdings keine Spur zu sehen. Ich schaltete durch die Funkkanäle, hörte aber nur die Notrufe der anderen Star Runners und das Fluchen der Jäger-Piloten, die versuchten, die Raumschiffe mit den wertvollen Daten zu schützen. War meine Eskorte einem Notruf gefolgt? Oder wurde sie bereits abgeschossen?
Noch während ich darüber nachdachte, was ich tun sollte, leuchtete plötzlich ein Warnsignal rot auf. Ein Radar hatte mich aufgeschaltet. Nur Bruchteile von Sekunden später prasselten Geschosse auf meine Schilde ein. Instinktiv gab ich vollen Schub und suchte mein Heil erneut in der Flucht. In einer irrwitzigen Geschwindigkeit raste die White Rabbit durch den dichten Nebel. Die Einschläge wurden weniger.

Doch plötzlich schälte sich vor mir ein riesiger Asteroid aus dem Nebel. Gewaltig türmte er sich auf und füllte immer mehr mein Blickfeld aus. Verzweifelt versuchte ich gegen zu steuern. Allerdings war meine Geschwindigkeit für schnelle Richtungswechsel viel zu hoch. Unaufhaltsam raste ich auf den Felsbrocken zu. Mit den Steuerdüsen drehte ich die Nase der Star Runner um 90 Grad nach rechts und aktivierte den Nachbrennrer. Durch das linke Seitenfenster sah ich den Asteroiden weiterhin näher kommen. Doch schließlich wanderte er langsam nach hinten und verschwand aus meinem Blickfeld. Ein schrilles Kreischen von Metall hallte durch das Schiff, als ich den Asteroiden streifte und dann war ich schlagartig von Sternen umgeben. Ich hatte den Nebel und das Asteroidenfeld verlassen. Ich beschloss sofort und ohne Eskorte weiter zu fliegen, setzte den Kurs zum Stanton Gateway und sprang.
Als ich am Stanton Gateway ankam, fielen mir auf dem Radar mehrere mittlere Jäger vom Typ Hornet auf, die um den Sprungpunkt herum postiert waren. War das meine Eskorte? Oder eine Absicherung der Citizens for Prosperity, damit die Daten-Transporter sicher nach Stanton springen konnten? Oder genau das Gegenteil? Ich war unsicher und wollte nichts riskieren. Aber wenn ich nicht umdrehen wollte, ging es nicht ganz ohne Risiko. Die Star Runner war ein Blockadebrecher. Also keine Fragen stellen, nicht warten, sondern Geschwindigkeit aufnehmen und durchbrechen.
Mit hoher Geschwindigkeit raste ich auf das wabernde Licht des geschlossenen Wurmlochs zu. Die Hornets reagierten nicht. Mein Sprungantrieb startete die Kalibrierung, dann feuerte er den Energiestrahl auf das Wurmloch, um es zu öffnen. Und plötzlich brach die Hölle los. Mit lautem Getöse öffnete sich das Wurmloch und Myriaden von ballistischen Geschossen prasselten auf meine White Rabbit. Die Statusanzeige der Schiffshülle flackerte rot im Takt des Trommelfeuers. Es war ein ohrenbetäubender Lärm. Ich war manövrierunfähig gefangen zwischen den Welten. Nicht mehr richtig in Pyro, aber auch noch nicht im Wurmloch nach Stanton. Ich konnte nur warten, bis mich das Wurmloch verschluckte und hoffen, dass die Panzerung standhielt.
Nach einer gefühlten Ewigkeit des Wartens und der Ungewissheit saugte mich das Wurmloch endlich auf. Ich war in Sicherheit, für den Moment. Doch was würde mich auf der anderen Seite erwarten? Wer oder was wartete am Ausgang des Wurmlochs auf mich?
Zu meiner Überraschung erreichte ich ohne weitere Zwischenfälle den Planeten Hurston. Wie angewiesen, landete ich in Lorville auf dem Dach eines Hochhauses. Ein Vertreter der Citizens for Prosperity nahm die Daten entgegen.
“Im Namen der Citizens for Prosperity danke ich ihnen Zero. Sobald wir alle Daten erhalten und validiert haben, werden wir eine unglaubliche Sache veröffentlichen. In der Zwischenzeit können Sie uns weiterhin helfen. Wegen der permanenten Angriffe der Frontier Fighters gehen unsere strategischen Reserven zu Ende. Wie ich gehört habe, haben sie uns jüngst bei Lieferungen unterstützt. Die Starlancer Max, die sie dafür von uns ausgeliehen hatten, steht am Pyro Gateway zur Verfügung. Eine Liste mit Waren, die wir benötigen, ist in den Bordcomputern hinterlegt. Interesse?”

Ich hatte das unterirdische Vorratslager in der Nähe des Community-Hauses in Pyro gesehen. Wir hatten Glück und konnten den Angriff abwehren. Aber andere Siedlungen wurden ausgeraubt. Mir war klar, dass die Siedler in Pyro dringend Hilfe brauchten. Außerdem waren die Hilfslieferungen, die ich mit der Starlancer Max gemacht hatte, eine entspannte Aufgabe und das Leben an Bord angenehm. “Warum nicht?“, dachte ich mir. Nach den ganzen Vorfällen in Pyro würde mir das bestimmt gut tun. Ich sagte zu.
Was ich dann erlebte war verrückt. Das ganze Stanton-System schien zu helfen. An den Handels-Terminals standen die Leute Schlange. Die von den Citizens for Prosperity angeforderten Waren wurden knapp und dann explodierten die Preise. Zum Glück hatte ich mir vor der Preisexplosion einen großen Vorrat angelegt. Ich konnte in aller Ruhe die Waren ausliefern und dabei einen richtig guten Gewinn machen.
In der Zwischenzeit hatten die Citizens for Prosperity ihre schockierende Enthüllung veröffentlicht. Die Slicers und die Frontier Fighters waren ein und dieselbe Gruppe. Offenbar hatten die Frontier Fighters gehofft, mit einem gewaltsamen Angriff in Stanton weitere Militäraktionen in Pyro provozieren zu können, indem sie die Bevölkerung für ihre extremen Ideologien mobilisierten. Auch die Angriffe auf die Siedlungen in Pyro gingen auf das Konto der Frontier Fighters. Die unglaubliche Nachricht machte die Runde und wurde auch in der Terra Gazette publiziert. Nur “Off The Record” hatte keinen Artikel darüber gebracht. Was war mit Brubacker? Wo steckte der Kerl überhaupt?
Gerade als ich über Brubacker nachdachte, bekam ich eine Nachricht von Friedrich Winters.
Hallo hier ist Friedrich, ich hoffe diese Nachricht erreicht Dich. Ich mache mir Sorgen um Husky und Bru. Kann ich Dich irgendwo treffen?
Mir lief es kalt den Rücken herunter. Was zum Teufel war los? Sofort vereinbarte ich ein Treffen mit Friedrich.
Friedrich erzählte mir, dass Husky und Brubacker mit der Zeus von Bru nach Pyro aufgebrochen seien, um eine Sache zu erledigen. Es sollte nur ein kurzer Tripp werden und sie wollten schnell wieder zurück sein. Allerdings habe er seit Wochen nichts von ihnen gehört.
“Ging es um die Sache mit Aruhso?”, fragte ich ihn.
“Keine Ahnung. Aber ich mache mir wirklich Sorgen. Hast Du irgendetwas gehört? Oder kannst Du über Deine Kontakte etwas herausbekommen?“
Ich dachte kurz nach, dann erzählte ich Friedrich die Sache mit Aruhso.
“Bru wurde von einem Typen namens Aruhso erpresst. Bru sollte ihm irgendwelche Sachen nach Pyro liefern. Das Ganze hatte seinen Ursprung bei der Geschichte mit der vermeintlich geliehenen Carrack und dem Crew Projekt von Bru. Auf jeden Fall wollte er das mit Husky alleine zu Ende bringen und keinen aus der damaligen Crew damit belasten. Ich hoffe die beiden sind nicht vom Weg der Mitte abgekommen und stecken in Schwierigkeiten. Ich werde mich über meine Kontakte in Pyro umhören und Dir bescheid geben. Übrigens hab ich einige schöne Orte in Pyro entdeckt. Die wären etwas für einen Scenic Cruise, falls Du dort mal einen anbieten willst.”
“Danke Zero. Halte mich bitte auf dem Laufenden. Und was den Scenic Cruise betrifft, den habe ich erstmal eingestellt. Zur Zeit konzentriere ich mich auf Warentransport. Im Moment für die Citizens for Prosperity. Ich habe einen Auftrag bekommen, aber die Hälfte der Waren fehlt mir, mehrere SCU Corundum. Der Markt ist leer gekauft.”
“Ja das stimmt. Die Märkte sind völlig aus der Balance geraten. Ich hätte noch einiges an Corundum vorrätig. Das kann ich Dir abtreten.”
Friedrich schaute mich ungläubig an.
“Wirklich? Das würde mir sehr helfen. Aber ich bestehe darauf, dafür zu bezahlen.”

Nachdem ich Friedrich das Corundum übergeben hatte, schaute ich mir in der White Rabbit die Kopie der Daten an, die ich für die Citizens for Prosperity nach Stanton geliefert hatte. Nicht dass ich Hoffnung hatte, darin irgendeinen Hinweis auf Brubacker und Husky zu finden, aber man konnte ja nie wissen.
Das einzig Interessante, was ich fand, waren Informationen, dass die Frontier Fighters als Slicers getarnt die Distribution Center in Stanton übernehmen und diese zu Operationsbasen machen wollten. Dafür hatten sie einen Computer Virus, der Sicherheitseinrichtungen umgehen konnte. Der Virus befand sich auf einem Speicherstick und der war ihnen abhandengekommen. Die Frontier Fighters wollten den Stick um jeden Preis wieder haben und folgten dem Peilsignal, das der Stick aussendete. Allerdings war der Stick im Pyro-System ständig in Bewegung und schwer zu lokalisieren. Und auch andere Pyro-Gangs waren hinter dem Stick her.
Ich überlegte, ob der Stick auch für mich als Hacker interessant wäre. Doch dann überwogen die Sorgen um Bru und Husky. Das Piepen von meinem Mobiglas riss mich aus meinen Gedanken. Es war eine Nachricht von Friedrich.
Hey Zero,
die Außenposten spielen verrückt und ich hatte den CFP schon die Lieferung zugesagt. Nun wurde meine Kupfer-Lieferung aus den Lagerräumen gestohlen. Du hast nicht zufällig Zugriff auf um die 50 SCU Kupfer, oder?
Ich musste lachen. 50 SCU hatte ich nicht, aber 32. Kurze Zeit später traf ich mich mit Friedrich und übergab ihm die 32 SCU Kupfer.