Log #161 – Red Wind Spezialtransport

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Ein ganz spezieller Spezialtransport für Red Wind Linehaul brachte überraschendes zu Tage.


Auf diese Nachricht brauchte ich erstmal eine Whiskey-Cola. Das Glas kippte ich auf einen Rutsch runter. Ein Schwindelgefühl packte mich. Für einen kurzen Moment drohte ich den Boden unter den Füßen zu verlieren. Um schlimmeres zu verhindern, stellte ich erst das Glas auf den Tresen, dann meine Hände. Der zusätzliche Halt hielt mich in der Senkrechten. Ich bekam gerade wieder einen klaren Blick als der Barkeeper ein zweites Glas vor mich stellt.

“Du siehst aus als ob Du noch einen brauchst.” 

Sein Blick war eine Mischung aus Mitleid und Schadenfreude. Mit tief hängenden Augenlidern schaute ich zuerst das Glas, dann den Barkeeper, dann wieder das Glas an. 

“Scheiß drauf. Das macht es auch nicht schlimmer.” 

Aber auch nicht besser, dachte ich mir. Ich nahm das Glas, prostete dem Barkeeper zu und gönnte mir einen kräftigen Schluck. Dann suchte ich, mit etwas wackligen Beinen, eine dunkle Ecke in der Bar. Zwei Probleme, zwei Gläser. Das passte.

Der Geschäftsmann der meine Spezial Lieferungen nach Lorville am Zoll vorbei brachte wurde immer unverschämter. Ja wir hatten vereinbart, dass er einen Teil der Lieferung für sich behalten würde. Als Belohnung. Doch er verlangte immer mehr. Einen immer größeren Teil der Ladung beanspruchte er für sich. Daher blieb weniger für die Arbeiter in Lorville für die die Ladung eigentlich bestimmt war. 

Doch das war nicht mein größtes Problem. Der Kurierdienst Red Wind Linehaul hatte mein falsches Auftragsportal und meine erschlichene Reputation für Red Wind aufgedeckt. Anstatt es zu melden sendete Red Wind mir eine Nachricht.

“…. stellt die Erschleichung von Reputation und den damit verbundenen Privilegien eine kriminelle Handlung dar. Gleichermaßen zeigt dies Kreativität und die Fähigkeit mit gefährlichen Situationen umgehen zu können. Wir sehen von einer Anzeige ab, sofern sie Verschwiegenheit bewahren und spezielle Transporte für uns durchführen bei denen Diskretion das oberste Gebot ist.”

Sie wollten das ich Pakete bei verschiedenen Drogenverstecke und Drogenlabore holte und zu unterschiedlichen Außenposten brachte. Eigentlich nichts neues für mich. Doch das erste Paket sollte ich in Jumptown holen. Ausgerechnet Jumptown. Dem Epizentrum des Drogenkrieges. Einer der gefährlichsten Orte im Stanton System. Doch eine Wahl hatte ich nicht. Knast oder illegale Spezialtransporte für Red Wind durchführen. Red Wind hatte mich in der Hand. 

Einen Hoffnungsschimmer gab es. Die Nine Tails belagerten Orison. Die Sicherheitskräfte hatten die Civilian Defense Force angefordert. Alle verfügbaren Kräfte waren bei den Kämpfen in Orison im Einsatz. Eine Chance, dass es in Jumpton ruhig war.

*

Jumptown. Schon beim Anflug war ich extrem angespannt. Oft genug traf man hier auf Leute die einem eine Kugel in den Kopf jagen wollten. Es war dunkel. Der Mond Yela ließ einen seiner kalten Eisstürme über dem Drogenlabor toben. Die Station hatte sich seit meinem letzten Besuch verändert. Überall waren Deckungen und Verbarikatierungen aufgebaut. Die Kämpfe hatten ihre Spuren hinterlassen. Ich ging volles Risiko und landete die Cutlass direkt vor dem Eingang. Immerhin war dadurch der Weg kürzer den ich mit dem Paket gehen musste. 

Das kurze Stück zur Luftschleuse rannte ich so schnell es die schwere Rüstung erlaubte. Schwer atmend kam ich am Eingang zum Gebäude an. Das Schott hinter mir schloss sich. Es zischte und dampfte beim Druckausgleich. Dann schob sich die innere Tür mit einem Knarzen zur Seite. Das Drogenlabor war nur schwach beleuchtet. Überall lag Dreck und Unrat. Aber es war ruhig. Sollte sich meine Hoffnung erfüllen und alle waren in Orison beschäftigt? Trotzdem wollte ich keine Zeit verlieren und so schnell wie möglich wieder weg. Allerdings konnte ich dem Drang alle Räume zu durchsuchen nicht widerstehen.  Durch meine Neugierde verbrachte ich mehr Zeit im Gebäude als gut war. Wieviel Zeit verstrichen war wusste ich nicht. Aber mein Gefühl sagte mir es war zu viel. 

War ich immer noch alleine? Leise lauschte ich in die Nacht. Es war ruhig. Dann öffnete ich die Luftschleuse. Direkt vor dem Eingang stand eine Stahlplatte hinter der ich Deckung suchte. Vorsichtig schaute ich über das Gelände. Es gab so viele Möglichkeiten aus einem Hinterhalt anzugreifen. Die Cutlass war nur ein paar Meter entfernt. Die Rampe war offen. Dann schnappte ich mir das Paket und rannte los. Keuchend kam ich im Schiff an und hämmerte auf den Schalter um die Heckrampe zu schließen. Erschöpft stütze ich die Hände auf meine Knie.  Außer meinem schweren Atem war nichts zu hören. Geschafft, ohne Zwischenfälle verließ ich mit dem Paket das Drogenlabor. Es war überraschend, dass ich ohne Überraschungen zu erleben ein Paket in Jumptown holen konnte.

*

Überraschungen erlebte ich dafür an der letzten von mehreren Stationen meines Transportauftrags. Bei Bountiful Harvest Hydroponics auf dem Mond Daymar. Der Anflug auf Daymar erfüllte mich immer wieder mit Freude. Ich liebte die unendliche Weite der Wüste. Sie hatte etwas erhabenes, etwas reines. Und sie erinnerte mich an meine Heimat Ashana. Bountiful Harvest hatte keine waffenfreie Zone, Überraschungen erwartet ich trotzdem nicht. Wie ich mich täuschen sollte. 

Es war kein Personal im Außenposten, eine gute Gelegenheit mich in aller Ruhe umzuschauen. Im Lagerraum stellte ich meine Lieferung ab und fand etwas das ich nicht erwartet hatte. Zwischen den Regalen stand eine große Waffenkiste. Die Kiste war ganz offensichtlich vom Militär. Neugierig öffnete ich den Deckel. Ein überraschtes “Boah” kam über meine Lippen. Vor mir lagen mehrere Scharfschützengewehre. Gewehre die auf dem freien Markt nicht zu kaufen waren. Warum zum Teufel waren in einer Farm solche Waffen gelagert? OK, man bekam hier auch Revenant Tree Pollen, der Grundstoff für die Droge Altruciatoxin. Dieser Außenposten war ein wichtiger Rohstofflieferant für die Drogenproduktion. Aber trotzdem waren Scharfschützengewehre ungewöhnlich an diesem Ort. Hatten die Gewehre auch etwas mit den illegalen Transporten von Red Wind zu tun? Transportierte Red Wind im geheimen auch Waffen? Das anscheinend anständige und angesehene Kurier Unternehmen schien es faustdick hinter den Ohren zu haben. Red Wind führte nicht nur legale Kurierdienste durch. 

Verstohlen schaute ich über meine Schulter. Warum sollte ich mir nicht einen Bonus für meine Dienste sichern. Eilig schnappte ich mir die Gewehre und rannte zurück zu meiner Cutlass. Die Strafe folgte auf dem Fuß. Zu hektisch stürmte ich die Frachtrampe hoch. Sand hatte sich auf der Rampe abgelagert. Es war rutschig. Völlig unvermittelt verlor ich den Halt und fiel von der Rampe. Hart schlug ich auf dem Sand Daymars auf. Ein stechender Schmerz zuckte durch mein Bein. Für einen Augenblick war mir schwarz vor Augen. Wie ein Käfer lag ich im Sand auf dem Rücken  unfähig mich zu bewegen. Mühsam zog ich mich an der Kante der Frachtrampe hoch. Als ich mein Bein belasten wollte gab es nach. Ein schmerzerfüllter Schrei dröhnte durch meinen Helm. Mit zittrigen Händen nahm ich das Medi Tool und jagte mir eine Ladung Schmerzmittel in den Körper. Das Bein war gebrochen. Schwerfällig humpelte ich in die Cutlass. 

Mit dem Medi Tool konnte ich die schlimmsten Symptome lindern aber mehr nicht. Belasten konnte ich das Bein nicht mehr. Wie einen nassen Sack zog ich es hinter mir her. Mir blieb nichts anderes übrig als eine Klinik aufzusuchen. Dummerweise konnte ich zu keiner der gut ausgestatteten medizinischen Einrichtungen. An Bord meiner Cutlass waren Drogen die ich in einem der versteckten Lager mitgenommen hatte. Damit konnte ich keine der von den Sicherheitskräften kontrollierten Stationen anfliegen. Mir blieb nur eine Option. Die Metzger auf der Piratenstation Grim Hex. Irgendwie würden die mich dort schon zusammen flicken. Ich musste nur aufpassen, dass mir keine Organe entnommen oder das Bein eines Vanduuls angenäht wurde.

Nach einer kurzen, schmerzhaften Behandlung verließ ich die Klinik. Es schien alles in Ordnung zu sein. Das Bein konnte ich wieder normal belasten, zumindest für den Moment. Und für den Moment schien auch Red Wind Linehaul zufrieden zu sein. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass dies nicht der letzte Spezialtransport für dieses vordergründig saubere Unternehmen war.

Es war verrückt. Eigentlich wollte ich nur den Arbeitern in Lorville das bringen was sie am dringendsten benötigten und legal auf Hurston nicht erwerben konnten. Jetzt profitierten ganz andere von meinen Speziallieferungen. Der Geschäftsmann in Lorville der die Waren am Zoll vorbei schleuste. Der Kurierdienst Red Wind Linehaul der meine erschlichene Kurier Reputation und die damit verbundenen Sonderprivilegien beim Zoll in Lorville aufgedeckt hatte. Sie alle hatten ihren regelmäßigen Zahltag durch meine Spezialtransporte. Es sollte mir recht sein, solange es sich für die Arbeiter in Lorville auszahlte und sie bekamen was sie brauchten. Das Problem war nur, sie alle hatten mich in der Hand und konnten mich jederzeit auffliegen lassen. Ich bewegte mich auf dünnem Eis.