Die Suche nach dem Datenstick mit dem Virus brachte mich an trostlose, düstere Orte.
Die Heckrampe öffnete sich und gab den Blick frei auf eine düstere graue Welt. Graue Eisflächen, graue Felsen. Die einzige Abwechslung waren die verschiedenen Grautöne. Selbst der Himmel war grau. Der weit entfernte Stern Pyros brachte nur wenig Licht und keine Wärme.
Langsam ging ich in der schweren Kälteschutzausrüstung die Rampe hinunter. Nachdem ich mich in Stanton besser ausgerüstet hatte, war ich zurück auf Terminus, dem kalten, trostlosen äußersten Planeten von Pyro. Es war mein zweiter Anlauf, den Datenstick mit dem Virus zu finden, den die Xenothreat in einer ihrer Siedlungen gebracht hatten. Beim ersten mal wäre ich fast erfroren. Diesmal war ich besser vorbereitet, um den harschen Bedingungen auf Terminus zu trotzen.

Ich hatte die White Rabbit außerhalb der Reichweite der Abwehrtürme gelandet und machte mich mit dem Ursa Rover auf den Weg zur Siedlung. Die Xenothreat auf Ruin Station hatten davon gesprochen, dass sie die unkontrollierte Verbreitung des Virus in den Griff bekommen mussten. Daher erwartete ich ein Datencenter oder sonst eine Art Siedlung mit Computertechnik. Aber wenn ich ehrlich zu mir war, hatte ich keine Ahnung, was mich erwarten würde. Ich wusste nur, dass es zwei Siedlungen gab und in einer hoffte ich, den Stick zu finden.
Nach mehreren Minuten Fahrt erreichte ich einen Hügel, von dem ich einen freien Blick auf die Siedlung hatte. Die grauen Gebäude waren aus der Entfernung kaum in der grauen Landschaft zu erkennen. Erst durch die Optik des Scharfschützengewehrs erkannte ich Details. Es war eine Ansammlung mehrerer, teils großer Gebäude. Eines schien eine Garage oder Lagerhalle zu sein. Stacheldraht und Metallstangen, die wie Pfosten in den Boden gerammt waren, umgaben die Siedlung. Es sah alles andere als einladend aus. Was ich nicht sah, waren Wachen. Entweder waren alle in den Gebäuden, oder niemand war da.
Plötzlich bemerkte ich ein Flackern im Augenwinkel. Erschrocken riss ich den Kopf herum. Nur wenige hundert Meter entfernt brannte ein großes Feuer. Wie konnte mir das bisher entgangen sein? Ein Turm, der aus einem Müllberg ragte, brannte lichterloh. Daneben waren ein kleines Gebäude und eine Kommunikationsantenne.
Vorsichtig näherte ich mich dem Feuer. Eine direkte Konfrontation wollte ich auf jeden Fall vermeiden. Aufklärung war mein Ziel, nicht der Kampf. Zur Sicherheit hatte ich die Pistole mit aufgesetztem Schalldämpfer im Anschlag. Unbemerkt erreichte ich im Schutz einer Mauer die Anlage. Aus meiner Deckung heraus wagte ich einen Blick.
Das Feuer warf ein flackerndes gelbliches Licht auf das Gebäude, neben dem zwei Container standen. An der Antenne war ein Sicherungskasten angebracht. Da kam mir eine Idee.
Mit wenigen Schritten hatte ich den Kasten erreicht und entnahm alle drei Sicherungen. Wenn es keine weitere Kommunikationsanlage gab, war die Siedlung jetzt von der Außenwelt abgeschnitten. Erneut schaute ich durch die Optik des Scharfschützengewehrs auf die Siedlung. Es gab keinen Alarm, niemand rannte herum oder machte sich auf den Weg zu meiner Position.
Zuversichtlich machte ich mich auf den Weg zur Siedlung. Die schwarz graue Lackierung meines Ursa Medivac war die ideale Tarnung. Der Rover verschmolz geradezu mit der grauen Landschaft. Dieser Umstand und die Tatsache, dass ich niemanden gesehen hatte, veranlasste mich dazu, bis zur Siedlung zu fahren.
Scheinbar unbemerkt erreichte ich die äußeren Gebäude, parkte den Rover und ging zu Fuß in die Siedlung. Es war ein apokalyptischer Ort, der nichts als Tod ausstrahlte. Bedrohliche Verteidigungsanlagen aus Stacheldraht, Metallstangen und Maschinengewehre waren überall verteilt. Schwer lastete eine unheimliche Stille über allem. Selbst die Geräusche meiner Schritte wurden sofort verschluckt. Etwas lebendiges schien man hier vergeblich zu suchen.

Doch als ich um das erste Gebäude herum ging, sah ich etwas Unerwartetes. Eine Plantage. Daneben standen mehrere halbrunde, zylinderförmige Wellblechhütten, vermutlich Gewächshäuser. Mit Landwirtschaft hatte ich nicht gerechnet. Meine Hoffnung hier den Datenstick zu finden, schwand. Trotzdem ging ich zur ersten Hütte und drückte auf den Türöffner.
Kreischend hallte das metallische Geräusch der sich öffnenden Tür durch die Stille. Der schrille Klang ging durch Mark und Bein. Ich blickte in einen dunklen, nur schwach beleuchteten Raum. An der Seite schimmerte etwas Metallisches. Vorsichtig ging ich in die Dunkelheit. Plötzlich spürte ich, wie etwas mein Bein festhielt. Ich strauchelte und fiel auf die Knie. Dumpf schlug ich auf. Meine Hände griffen in mehrere dicke Kabel, die auf dem Boden lagen . Über eines war ich gestolpert. Die Kabel gingen alle in den metallischen Zylinder, der an der Seite lag.
Mühsam rappelte ich mich auf und schaute mir den Zylinder genauer an. Eine Gänsehaut lief über meinen Körper. Es war eine MOAB, eine große Bombe. War die Plantage nur Tarnung und in den Gewächshäusern wurden ganz andere Dinge gezüchtet?

Ich ging in das nächste Gewächshaus. Wieder kreischte die laute Metalltür durch die Stille, als sie aufging. Mit bedachten Schritten betrat ich den Raum und achtete auf Stolperfallen. Vor mir standen mehrere Kästen mit Pflanzen, aber keine Technik, keine Bombe, keine Computer, kein Datenstick.
Leise fluchend ging ich zum nächsten Gewächshaus. Erneut hallte ein lautes Kreischen durch die Luft, als sich die Tür öffnete. Auch hier fand ich nur Kästen mit Pflanzen. Ich konnte mir darauf keinen Reim machen. Eine MOAB zwischen Plantagen? Welches Geheimnis verbarg dieser Ort? Was für eine Art von Siedlung war dies?
Mit einem Seufzer öffnete ich die Tür und blickte hinaus. Es war immer noch still. Keine Bewegung war zwischen den Gebäuden zu erkennen. Stirnrunzelnd schaute ich auf die Dächer. Auch dort war niemand. War die Siedlung überhaupt bewohnt?
Achselzuckend schob ich mich durch die Tür und marschierte zu dem großen Gebäude. Mehrere große Kisten standen wie Barrikaden am Eingang. Nachdem ich mich daran vorbei gedrückt hatte, stand ich in einer Lagerhalle. An der Wand waren Terminals, an denen man Taranite kaufen konnte. Der Preis schien mir recht günstig zu sein. Die Siedlung war ein Handelsposten. Aber wer zum Teufel handelte mit den Xenothreat? Und wo waren die Bewohner?
Während ich noch fasziniert auf das Terminal starrte, hallte plötzlich ein Schuß durch die Halle. Die Kugel schlug neben mir in die Wand ein. Betonstücke prasselten auf mein Helmvisier. Mit einem Satz sprang ich vom Terminal weg und landete hinter einer Kiste. Ich hatte keine Ahnung, woher der Schuß kam. Mit gezogener Waffe kroch ich zwischen den Kisten zum Ausgang, wo ich mit Kugeln empfangen wurde.
Auf dem Boden kniend schaute ich ins Freie. Von drei Seiten kamen bewaffnete Xenothreat auf mich zu. Zu meiner Linken sah ich eine kleine Mauer nur wenige Meter entfernt. Mit einem beherzten Sprung überwand ich die Distanz. Noch bevor ich wieder in Deckung war, traf mich eine Kugel im Arm. Trotz der schweren Rüstung bohrte sich ein brennender Schmerz in mein Fleisch. Laut krachend landete ich im grauen Staub hinter der Mauer auf dem Bauch. Ein Hustenreiz übermannte mich, kleine Tröpfchen regneten von innen gegen das Helmvisier und es fing an zu beschlagen.
Verschwommen sah ich eine weitere Mauer. Ich sprang auf, gab ungezielte Schüsse auf meine Angreifer ab und rannte vorbei an der Mauer direkt auf ein Gewächshaus zu. Mit lautem Poltern fiel ich fast mitsamt der Tür in das Gewächshaus. Wieder befeuchtete ein Husten mein Helmvisier. Ich hatte es fast geschafft. Hinter der anderen Tür war der Rover nicht mehr weit. Gerade als ich die Tür öffnen wollte, ging sie von alleine auf. Ein Xenothreat stand direkt vor mir.
Plop Plop Plop, ertönte es aus meiner schallgedämpften Pistole. Mein Gegenüber ging in die Knie. Ich stolperte über ihn und rannte so schnell es die schwere Rüstung zuließ zum Rover.
Als ich nach einer wilden Fahrt wieder bei der White Rabbit war, behandelte ich erst meine Armverletzung und flog dann zur zweiten Xenothreat Siedlung. Mit der ersten Siedlung war ich erstmal fertig.
Eine trostlose graue Felslandschaft glitt unter mir hindurch. Dieser Planet war ein Sinnbild für Depressionen. Und trotzdem strahlten seine düsteren Landschaften eine gewisse Faszination aus. Ohne den Navigationsmarker hätte ich die zweite Siedlung nicht gefunden. Sie verschmolz perfekt mit ihrem Umfeld. Zu meiner Überraschung sah ich keine Abwehrtürme. Gerade als ich überlegte, in der Nähe zu landen, zeigten die Scanner einen Abwehrturm an. Dann tauchte noch ein Kontakt auf. Eine Drake Corsair. Sie war noch über 15 Kilometer entfernt, näherte sich aber schnell.

Dank meiner Stealth-Komponenten war ich noch außerhalb der Reichweite der Sensoren der Corsair. Ich wurde hart in den Sitz gedrückt, als ich vollen Schub gab und mich entfernte. Es war besser, wenn der Pilot der Corsair nicht wusste, dass noch jemand in der Nähe war. 13 Kilometer von der Siedlung entfernt landete ich im Schutz eines Hügels und schaltete die Triebwerke ab. Kurz vorher konnte ich noch beobachten, wie die Corsair die Siedlung beschoss.
Ich hatte die Corsair auf dem Radar, sie konnte mich jedoch nicht sehen. In sicherer Entfernung konnte ich beobachten, wie ihre Geschwindigkeit auf null fiel. Sie musste gelandet sein. Eine gefühlte Ewigkeit blieb das so. Dann startete sie und entfernte sich, bis sie komplett vom Radar verschwunden war. Jetzt war ich an der Reihe.
Zur Sicherheit ließ ich die White Rabbit stehen und fuhr mit dem Rover zur Siedlung. Allerdings hatte ich die Fahrt vollkommen unterschätzt. Bei der ersten Siedlung war ich mit dem Rover auf einer Eisfläche unterwegs. Die Navigation entlang der Uferlinie war einfach. Jetzt irrte ich ohne Kompass durch eine bizarre Felsenlandschaft. Meine einzige Orientierung war der Asteroidengürtel im Orbit von Terminus und einige Landschaftsmerkmale, wenn ich oben auf einem Hügel war. Der Marker der White Rabbit hinter mir diente mir als Referenzpunkt, um abschätzen zu können, wie weit ich schon gefahren war.

Plötzlich verschwand der Marker der White Rabbit. Die Stealth-Komponenten, in diesem Moment waren sie mehr Fluch als Segen. Nahezu orientierungslos suchte ich mir einen Weg zwischen den skulptur ähnlichen Felsen hindurch. Ich war mir ziemlich sicher weit genug gefahren und am richtigen Ort zu sein. Aber ich konnte die Siedlung nicht finden.
In der Hoffnung, mehr erkennen zu können, fuhr ich auf einen Berg. Ratlos schaute ich hinunter und sah nur graue Felsen. Kein Gebäude, keine menschengemachten Strukturen, nichts. Nur grau in grau. War ich wirklich am richtigen Ort? War ich zu weit gefahren?
Ich beschloss, in Richtung meiner Star Runner zu fahren. Nach einer minutenlangen Irrfahrt war ich drauf und dran aufzugeben, als ich plötzlich ein schwaches rotes Licht sah. Kaum zu erkennen, weiter unten in einer Senke, zwischen grauen Felsen.
Als ich das Licht erreichte, versteckte ich den Rover hinter einem Felsen und ging zu Fuß weiter. Aus der Deckung inspizierte ich die Siedlung mit dem Scharfschützengewehr. Es war ein einzelnes, rundes Gebäude mit einem Turm auf dem Dach. Davor standen Gewächshäuser und Container. Bewegungen konnte ich nicht erkennen.
Immer in Deckung bleibend, näherte ich mich dem Gebäude. Im Gegensatz zur ersten Siedlung waren die Gewächshäuser in keinem guten Zustand. Es waren Gerippe, die notdürftig mit Metallplatten und Planen abgedeckt waren.
Mein Herz raste wie wild, als ich das erste Gewächshaus betrat. Verschiedene Pflanzen wuchsen darin, unter anderem der Revenant Tree, dessen Pollen zur Herstellung der Droge Altruciatoxin verwendet werden. Vorsichtig schaute ich mich um, steckte einige Pollen in meine Taschen und ging zwischen den Pflanzen hindurch zum hinteren Ausgang.

Auf der anderen Seite des Gewächshauses fand ich im Freien eine Plantage. Zwischen den kleinen, knochigen Bäumen lagen mehrere Leichen. Sie trugen alle einen roten Brustpanzer mit einem weißen Symbol. Xenothreat. Ich nahm mir die Schrotflinte eines der Toten und betrat das Gebäude. Auch hier lagen überall Leichen. Es gab keine Überlebenden. Ging das auf das Konto der Corsair? Warum hatte sie diese kleine Plantage überfallen?
Ich wusste, dass alle Fraktionen in Pyro hinter dem Datenstick her waren. War der Pilot der Corsair ebenfalls auf der Suche danach? Hatte er ihn sogar gefunden und war mir zuvorgekommen? In der Siedlung konnte ich keinen Hinweis auf den Datenstick finden. Ich hatte keine Ahnung, ob er sich noch in einer Xenothreat-Siedlung auf Terminus befand oder bereits in den Händen von jemand anderem war. Meine Suche endete in einer Sackgasse.
Mir blieb nichts anderes übrig als mitzunehmen, was ich verwerten konnte und diesen unwirtlichen Planeten zu verlassen.