Log #211 – Hurston Datenbank

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Erneut versuchten wir, die Datenbank von Hurston Dynamics zu hacken. Es war ein steiniger Weg.


Der rotbraune Sand knirschte, als die Reifen des STV darüber rollten. Hektisch riß ich das Lenkrad von links nach rechts und versuchte das Fahrzeug in der Spur zu halten. Es war stockdunkel. Nur im Lichtkegel vor uns war ein Meer aus großen und kleinen Felsen zu sehen. Hermieoth saß auf dem Beifahrersitz und versuchte mich durch das steinige Labyrinth zu navigieren. Der STV rutschte wie auf Eis. Gerade noch rechtzeitig steuerte ich gegen und streifte an einem großen Felsen vorbei. Kreischend schrammte Metall über Stein. Dann heulte der Motor auf. Wir saßen auf einem Felsen fest. Zwei Räder hingen in der Luft.

“Soll ich fahren?”

Ich ignorierte die bissige Bemerkung von Hermieoth. Der STV hatte einfach zu wenig Bodenfreiheit. Chris kam deutlich besser voran. Er war mit dem Tumbril Cyclon schon ein ganzes Stück voraus.

Es war wirklich mühsam mit dem STV in diesem Gelände. Dagegen war die Deaktivierung des Comm Array wenige Minuten zuvor ein Kinderspiel gewesen. Der Servicetechniker hatte vergessen, sich am Terminal abzumelden. Ich konnte direkt auf die Steuerung zugreifen und brauchte nicht einmal einen Hacking-Chip.

Nachdem ich etwas vor und zurück gesetzt hatte, waren wir wieder frei. Wir holperten und schlitterten weiter auf unser Ziel zu. Plötzlich zuckten zum wiederholten Male rote Laserblitze über unsere Köpfe. Schließlich erreichten wir den Bunker. Chris wartete bereits auf uns.

Ratternd brachte uns der Lastenaufzug in die Tiefe. Mit jedem Meter, den wir tiefer kamen, rutschte auch mein Herz tiefer in die Hose. Nach dem letzten gescheiterten Versuch, die Datenbank von Hurston Dynamics zu hacken, rechnete ich mit dem Schlimmsten. Diesmal wollte ich es anders machen, unauffälliger.

“Leute, lasst uns versuchen, unbemerkt an den Wachen vorbei zu kommen.”

Ein kaum hörbares Plopp-Plopp war die Antwort. Rauch quoll aus dem Schalldämpfer von Hermieoths Waffe. Eine Wache in schwarz-gelber Rüstung stand direkt im Eingangsbereich des Bunkers. Stöhnend sackte sie zusammen. Die Rüstung schepperte, als sie auf dem Boden aufschlug. Wie aus dem Nichts zischten Kugeln an unseren Köpfen vorbei.

“OK, Jetzt wissen sie, dass wir da sind”, sagte Chris und erwiderte das Feuer.

Nach einem kurzen Schusswechsel erreichten wir den Serverraum. Kaum war der Hacking-Chip in den Computerslot gesteckt, begann er mit seiner Arbeit. Schritt für Schritt brach er durch die elektronischen Barrieren. Eine Schranke nach er anderen fiel. Das Display auf der Admin Konsole zeigte den Fortschritt. Schließlich erreichte meine digitale Bot-Armee die letzte Tür und brach durch. 

“Ich bin drin. Datentransfer und Löschung meiner Einträge startet”, meldete ich aufgeregt.

“Alles klar. Wir gehen in den Vorraum und sichern dort den Zugang.”

Chris und Hermieoth verließen den Serverraum. Alleine stand ich an der Konsole und beobachtete, wie meine Einträge aus der Datenbank von Hurston Dynamics gelöscht wurden. Zeitgleich wurden die Daten von Chris der Datenbank hinzugefügt. Immer wieder hallten Schüsse durch den Bunker. 

Plötzlich hörte ich Schritte. Ich drehte meinen Kopf.

“Hey Leute, ich komme gut….”

Meine Stimme versagte. Entsetzt sah ich, wie ein Techniker den Serverraum betrat. Ein Wachmann von Hurston Security folgte ihm. Mit einem Satz sprang ich hinter einen Serverschrank. Kalter Schweiß lief mir den Rücken herunter. Ich konnte nur hoffen, dass sie mich nicht gesehen hatten und wieder gingen. 

Die Schritte kamen näher. Dann stand der Techniker vor mir. Kreidebleich sah er mich an. Seine Augen waren weit aufgerissen vor Entsetzen. Eine halbe Sekunde später stand der Wachmann hinter ihm. Die Zeit schien stillzustehen. Wie erstarrt standen der Wachmann und ich da, die Waffe im Anschlag. Der Techniker stand genau zwischen uns in der Schusslinie. 

Schlagartig entlud sich die angestaute Spannung. Mein Gewehrkolben krachte gegen den Kopf des Technikers. Wie ein nasser Sack fiel er zu Boden. In dem Augenblick peitschte ein Schuss durch den Raum. Ein brennender Schmerz fraß sich durch meinen linken Arm. Schließlich ratterte die schallgedämpfte Salve eines Schnellfeuergewehrs.

Schwer atmend drückte ich mir einen Medpen in den linken Arm. Der Wachmann lag mit perforierter Rüstung auf dem Boden. Daneben lag der Techniker. Er atmete noch. Mein Blick fixierte seine Sonnenbrille. Sie war cool. Auch der Helm und die Hose erschienen mir nützlich. Ich konnte nicht anders und packte alles in meinen Rucksack.

Schließlich signalisierte ein Piepsen, dass meine Hacking-Software ihre Arbeit erfolgreich erledigt hatte. Ich war wieder frei. Es gab keine elektronischen Spuren mehr zu meiner Verhaftung und zu meinen Taten, die mir Hurston Dynamics als Vergehen vorwarf. Ich konnte mich wieder frei im Stanton System bewegen, ohne Angst gejagt und verhaftet zu werden. Auch für Hurston Dynamics war ich ab sofort ein unbeschriebenes Blatt. Es fühlte sich an wie eine Neugeburt. Was konnte jetzt noch schief gehen?

“Alles erledigt! Meine Daten sind gelöscht und die Daten von Chris hochgeladen. Wir können gehen”, rief ich freudig in den Funk und rannte aus dem Serverraum. 

Auf dem Weg zum Ausgang sah ich Chris. Ich lief auf ihn zu. Plötzlich drehte er sich um und richtete seine Waffe auf mich. Was zum Teufel….

“Zero! Himmel hab ich mich erschreckt. In Deiner Hurston Security Rüstung hab ich Dich erst nicht erkannt. Zum Glück hast Du einen gelben Rucksack auf.”

Da hatte ich noch einmal Glück gehabt. In Zukunft sollte ich mich nicht so anziehen wie unsere Gegner, wenn wir zu mehreren in den Kampf ziehen.

Als wir wieder an der Oberfläche waren, sagte Hermieoth.

“Ich fahre!”

Chris donnerte mit dem Tumbril Cyclon voraus. Wir kamen mit dem STV nur langsam hinterher. Wir schlitterten hin und her, holperten über Felsen und wurden in unseren Sitzen ordentlich durchgeschüttelt. Krampfhaft versuchte ich mich auf dem Beifahrersitz festzuhalten. 

Kläglich kreischte der Unterboden, als Hermieoth über einen Felsen fuhr. Die linke Seite des STV bäumte sich auf. Ich kippte nach rechts und fiel fast aus dem Fahrzeug. Einige Meter fuhren wir auf zwei Rädern. Dann krachte der STV mit einem lauten Schlag wieder auf alle vier Räder. Stirnrunzelnd schaute ich zu Hermieoth, sagte aber nichts. 

Nach einer wilden und holprigen Fahrt erreichten wir unser Raumschiff. Doch irgendetwas stimmte nicht. Die Heckrampe kreischte beim Öffnen wie verbogenes Metall. Im Innenraum waberte Rauch und Dampf. Rhythmisch wurde er angestrahlt von der rot blinkenden Alarmbeleuchtung.

“Mist. Die Schiffssysteme reagieren nicht”, informierte uns Chris aus dem Cockpit. “Der Antrieb ist tot. Die Abwehrtürme des Bunkers haben wohl doch das gelandete Schiff erwischt.”

“Ich sagte doch, wir müssen mehr als 1,8 km entfernt landen”, kommentierte Hermieoth die Situation. “Mein Werkzeug hab ich auch nicht dabei. Keine Chance die Kiste wieder flott zu kriegen.”

“Es waren 1,82 km”, antwortete Chris.

Was für ein Mist. Trotzdem konnte es die Freude über meine neue Freiheit nicht trüben. Es gab wirklich Schlimmeres. Ich schrieb TeKay eine Nachricht und sagte zu den anderen.

“Ich organisiere uns einen Abholservice.”