Log #241 – Rotes Land

with Keine Kommentare

Eine Reise führte mich immer tiefer in die Wüste. Unerwartetes begegnete mir auf meinem Weg.


Die Red Lands, die roten Flächen in der Wüste von Monox. Intensiv roter Sand und Gestein prägten die Landschaft. Hier gab es nichts außer Hitze und Trockenheit. Nicht mal die kargen weißen Bäume gab es dort. Lediglich einige knochige Sträucher wuchsen hier und da.

Das rote Land lag direkt vor mir. Bis zum Horizont reichte die rote, nahezu flache Wüste. Zwischendrin erhoben sich dunkelrote Felsformationen wie einsame Gebäude. 

Pyros Stern brannte erbarmungslos und brachte die Luft zum Flimmern. Und trotzdem wollte ich genau dorthin. Dort in die Ferne, wo die Luft diesig war. Die Sagen erzählten, dass der Valakkar im roten Land sein Unwesen trieb. Ich wollte ihn finden, den mächtigen Sandwurm.

Ich kniete nieder und griff tief in den roten Sand. Intensive Wärme strömte durch meine Hand und den Arm hinauf. Die Härchen auf meinem Arm stellten sich auf. Langsam zog ich die Hand aus dem Boden und blickte auf den roten Sandberg in meiner Handfläche, der schnell kleiner wurde. Stetig rieselte der Sand zwischen meine Finger hindurch. Dann blickte ich in die Ferne. Ich war bereit.

Das Hoverbike war vollgepackt mit Wasser und einigen Lebensmitteln. Mehr brauchte ich nicht. Alles andere war nur eine Last, die von der Erkenntnis ablenkte, eine Last die einen abbrachte vom Weg der Mitte. 

*

Seit Stunden fuhr ich durch die Einsamkeit, doch einsam fühlte ich mich nicht. Ich war genau dort, wo ich hingehörte, dort wo ich mich wohl fühlte. Immer wieder hielt ich an und ging zu Fuß auf einen Hügel, um Ausschau zu halten. Ich hatte keine Ahnung, wie ich den Valakkar finden sollte. Es hieß, er reagiere auf Störungen, er würde den Erschütterungen des Bodens folgen. Vielleicht war das Hoverbike das falsche Gefährt, vielleicht wäre ein Fahrzeug das nicht schwebte, sondern über den Boden rollte besser. Aber vielleicht stimmten die Gerüchte auch nicht und ich suchte einen Geist.

Trotzdem fühlte ich mich komisch, wenn ich zu Fuß durch den Sand lief. Als ich oben auf einem Hügel ankam, hüpfte ich auf der Stelle. Dann blieb ich wie erstarrt stehen und lauschte in die Stille. Nichts passierte. Regungslos ruhte die Wüste. Nur in meinem Kopf formten sich Bilder. Bilder, in denen sich plötzlich der Boden unter mir öffnete, der Sand nach unten strömte und ich direkt in den Schlund eines Valakkars fiel.

Auf dem Rückweg zu meinem Hoverbike bewegte ich mich mehr unbewusst als bewusst sehr vorsichtig. Sanft setzte ich einen Fuß nach dem anderen in den weichen Sand. Staksig ging ich Schritt für Schritt den Hügel hinunter. Plötzlich verlor ich das Gleichgewicht, fiel nach hinten in den Sand und rutschte auf dem Rücken den Hang hinunter. Unten angekommen, klopfte ich mir den Sand aus den Kleidern. Ich musste lachen. Als wenn der Valakkar wegen einem einzelnen Menschen wie ein Raubtier aus dem Boden stossen würde. Oder würde er doch?

Als ich mit dem Hoverbike weiterfuhr, machte mir eine Anzeige Sorgen. Ich hatte schon fast die Hälfte meines Treibstoffs aufgebraucht. Der Verbrauch kam mir viel zu hoch vor. Hatte das Bike einen Defekt? Oder sogar ein Leck? Ich hielt an und untersuchte das Hoverbike, konnte jedoch nichts finden.

Nach einer weiteren Stunde Fahrt entdeckten die Scanner ein Signal. Ich änderte die Richtung und folgte ihm. Dann zeigte der Scanner an, dass es ein biologisches Signal war, ein ziemlich großes sogar. Hatte ich tatsächlich einen Valakkar gefunden?

Meine Anspannung wuchs. Aufmerksam hob ich den Kopf und versuchte etwas in der Richtung zu erkennen, aus der das Signal kam. Ich reduzierte die Geschwindigkeit und näherte mich vorsichtig der Quelle. Dann zerfiel das Signal in mehrere einzelne Signaturen. Sie waren dicht beieinander, direkt hinter einer kleinen Erhebung. 

Langsam tastete ich mich über die Erhebung und dann sah ich es. Es war eine Herde Quasi Grazer. Mit einem Schlag fiel die ganze Anspannung von mir ab. Ich stoppte das Bike und ging die restlichen Meter zu Fuß zu den friedlichen Tieren. Ich hatte nicht gewusst, dass es auch in der Wüste von Monox welche gibt. Im Gegensatz zu denen auf dem Planeten Microtech hatten sie kein Fell. Aber auch sie hatten die typischen Eier, die unter dem Bauch hingen.

Vorsichtig näherte ich mich einem der Tiere. Ich streckte die Hand aus und berührte die Stirn. Die ledrige Haut fühlte sich hart an. Ich begann, die Stirn zu kraulen. Dem Tier schien es zu gefallen. Es grunzte und legte sich vor mir auf den Boden.

In dem Augenblick hatte ich eine Idee. Ein einzelner Mensch war für einen Valakkar keine lohnende Beute, aber vielleicht eine ganze Herde Quasi Grazer. Ich ging die Anhöhe hinauf, setzte mich in den Sand und wartete.

Während ich wartete, wurden die Schatten der Quasi Grazer immer länger. Pyros Stern wanderte stetig Richtung Horizont und verschwand schließlich dahinter. Ich schloss die Augen und versuchte zu meditieren. War der Valakkar Tag- oder Nachtaktiv? Interessierte er sich überhaupt für Licht? Konnte er überhaupt sehen? Ich wusste es nicht. 

Inzwischen war es Nacht geworden. Die Meditation hatte mir nicht nur innere Ruhe gebracht, sondern auch Müdigkeit. Es war Zeit ein wenig zu schlafen. Erst wollte ich es mir im weichen Sand bequem machen, doch dann überlegte ich es mir anders. Wenige hundert Meter entfernt war ein massiver Felsblock. Es war besser mich auf den Felsen zu legen, man konnte ja nie wissen, was plötzlich hungrig aus dem Sand kam.

Am nächsten Morgen war die Herde Quasi Grazer weg. Die Wüste war friedlich und still. Im Sand gab es keine Spuren, die darauf hindeuteten, dass ein gigantischer Wurm aufgetaucht war. Mir blieb nichts anderes übrig, als weiter zu fahren. Während der Fahrt schaute ich sorgenvoll auf die Tankanzeige.

Ich fuhr den ganzen Tag, bis Pyros Stern erneut den Horizont küsste. Die Ebene war zu Ende und eine bergige Landschaft lag vor mir im fahlen Licht des untergehenden Sterns. Silhouetten großer Felsformationen warfen lange Schatten. Dort würde ich den Valakkar nicht finden, er brauchte Sand. Trotzdem interessierte es mich, was hinter den Felsformationen war. Lange stand ich dort und schaute zu, wie sich der große Feuerball verabschiedete. Als es dunkel war, legte ich mich erneut auf einen Felsen schlafen.

Am nächsten Morgen prüfte ich die Tankanzeige. Irgendetwas stimmte nicht. Laut Anzeige war der Tank fast voll. Die Stimme des Bordcomputers hatte aber schon am Vortag gemeldet, dass nur noch 50% im Tank waren. Seitdem war ich ein ganzes Stück gefahren.  Ich musste auf dem kürzesten Weg zurück zur Siedlung. Auf der anderen Seite gab der Entdecker in mir keine Ruhe. Was war dort, wo Pyros Stern untergegangen war? Was war hinter den Felsformationen? 

Neugierig stieg ich auf das Hoverbike und fuhr los. Nicht zurück zur Siedlung, sondern weiter ins Unbekannte. Weiter durch das rote Land. Die Fahrt durch das bergige Gebiet war deutlich anspruchsvoller als durch die Ebene. Teilweise musste ich mir den Weg suchen. Irgendwann tauchte auf dem Scanner eine Signatur auf. Dann noch eine und noch eine. Es waren Bio-Signaturen. Ich hatte mehrere Herden Quasie Grazer gefunden. 

Und dann sah ich, warum hier so viele Herden waren. Nur wenige Meter entfernt war ein See. Wasser inmitten der Wüste auf dem Planeten Monox. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich fuhr bis ans Ufer und schaute fasziniert auf die Wasseroberfläche. Grünzeugs bewegte sich sanft mit den kleinen Wellen, die leise ans Ufer plätscherten. In einem fast gleichmäßigen Takt schwappte das Wasser immer wieder bis an meine Stiefel. Es war ein Moment unglaublicher Ruhe und Entspannung. Hinter mir kauten die Quasie Grazer und vor mir plätscherte das Wasser. Wo in Pyro konnte man schon so viel Frieden finden. Ich kramte eine Dose Rust aus der Tasche und verbrachte den restlichen Tag und die Nacht an diesem friedlichen Ort.

Am nächsten Morgen stand ich noch eine Weile am Ufer, bevor ich den Weg zurück antrat. Zum Glück hatte ich mir einige Geländemerkmale und die Gradzahl gemerkt, aus der ich gekommen war. Obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass die Richtung stimmte, schwebte ich in maximaler Höhe, um möglichst weit sehen zu können. Meine größte Sorge war allerdings mein Treibstoff. Würde er bis zur Siedlung reichen?

Die Fahrt dauerte ewig. Immer wieder musste ich die Richtung ändern, um größeren Felsen auszuweichen, über die ich nicht drüber schweben konnte. Inzwischen war ich mir nicht mehr sicher, ob ich noch in die richtige Richtung fuhr. Dann meldete der Bordcomputer, dass ich noch 25% Treibstoff hatte. 

Ein mulmiges Gefühl stieg in mir auf. Es war noch keine Panik, aber ich war definitiv außerhalb meiner Komfortzone. Ich fuhr immer weiter in die Richtung, in der ich die Siedlung vermutete. Außer dem Kompass hatte ich keine Orientierung. Inzwischen hatte ich die Red Lands verlassen und war wieder von den kahlen weißen Bäumen umgeben. Die grobe Richtung stimmte also. Allerdings zeigte der Scanner keine Energiesignatur. Nichts deutete auf eine Siedlung oder Raumschiffe hin. Ich war mutterseelenallein, nichts und niemand war in Scannerreichweite. 

Plötzlich wurde rechts vor mir eine Signatur angezeigt. Eine rote Signatur, ein feindliches Raumschiff. Nach dem ersten Schock zog ich das Hoverbike nach links in eine Senke und stoppte. Dann erschien noch eine Signatur, links vor mir. Ich schaute nach links, dann nach rechts, dann atmete ich tief durch. Beide Signaturen waren über 20 Kilometer entfernt. Die linke war nicht rot. Rechts musste Jackson’s Swap sein und links Sunset Mesa. Dazwischen befand sich das Gemeinschaftshaus der freien Siedler. 

Irgendjemand schien mal wieder Jackson’s Swap anzugreifen. Dann zeigte der Scanner Raketen an, die in den Himmel aufstiegen. Wer auch immer den Ort angriff, die Citizens for Prosperity werten sich. Ich war froh, mit all den Kämpfen und den Konflikten in Pyro nichts zu tun zu haben und die schönen Seiten von Pyro sehen zu können. 

Dank der geringen Signatur des Hoverbikes erreichte ich unbemerkt mit dem letzten Tropfen Sprit das Gemeinschaftshaus der unabhängigen Siedler.