Ein Bergungsauftrag wurde mir auf mysteriöse Umstände erteilt. Es hatte den Anschein dass es sich um eine gute Sache handelte. Doch sicher war ich mir nicht.
Die Sonne ging gerade unter. Die Wolken des Gasriesen Crusader leuchteten in einem tiefen intensiven Rosa. Der Blick von der Plattform des Raumhafens auf die Wolkenstadt Orison war atemberaubend. Zwischen den rosa Wolken schwebten verstreut die unterschiedlichen Plattformen mit Wohngebäuden, Werften und Industrieanlagen. Dazwischen flogen Transporter und Shuttle. Nach einiger Zeit konnte ich mich von dem fesselnden Anblick lösen und öffnete die Nachricht auf meinem Mobiglas.
Lieber Zero Sense,
ich wende mich mit einer dringenden Bitte an Sie. Ich benötige Ihre Hilfe für eine Bergung. Bitte kommen Sie so schnell wie möglich nach Orison. Dort habe ich ein Zimmer für Sie reserviert in dem Sie alle weiteren Informationen finden.
Ich weiss das klingt alles sehr dubios. Sie werden aber verstehen wenn Sie die Hintergründe erfahren.
Hilfesuchende Grüße
X
Es war nicht die erste Nachricht die ich von dem unbekannten X bekommen hatte. Bei der letzten Nachricht war ich auch in Orison gewesen. Er hatte sich für meinen Einsatz bei der Aufklärung des Killersatelliten Komplotts bedankt. Ich hatte keine Ahnung wer dieser X war. Aber er schien Einfluß zu haben.
Die Defensecon von Drake Interplanetary fand gerade in Orison statt. Bevor ich mein Zimmer bezog wollte ich der Messe einen Besuch abstatten. So viel Zeit musste sein.
***
Das Zimmer im Green CIrcle war typisch für Orison. Angenehm, komfortabel, mit viel Holz und warmem Licht. Es strahlte eine Ruhe und Ausgeglichenheit aus die man sonst nirgends im Stanton System fand. Die Nachricht von X lag auf der Küchenzeile.
Wir haben eine Ladung spezieller Computerplatinen an Menschen gesendet die normalerweise keinen Zugang zu dieser Technologie haben, sie aber dringend benötigen. Leider gibt es unfreundliche Elemente die diese Lieferung verhindern und die Technologie für eigene Zwecke nutzen möchten. Wir haben mehrere Transportschiffe gestartet, in manchen haben wir die Platinen versteckt. Einige Schiffe haben ihr Ziel nicht erreicht.
Ich möchte Sie bitten zu den Wracks zu fliegen und die Computerplatinen zu bergen bevor sie in falsche Hände gelangen.
Im Hangar steht ein Schiff für Sie bereit das alles an Bord hat was Sie für die Bergung benötigen. Im Kartographie System finden Sie Hinweise zu den Absturzstellen der Wracks.
Entschuldigen Sie bitte die seltsamen Umstände. Aber ich möchte aus Sicherheitsgründen keine Kommunikationskanäle nutzen um ihnen die Informationen zukommen zu lassen. Zu groß ist das Risiko, dass die unfreundlichen Elemente mithören.
Danke für Ihre Hilfe und seien Sie bitte vorsichtig.
Das war wirklich alles sehr dubios. Es klang fast so als würde X Menschen helfen die benachteiligt waren. Ich musste an meine Hilfe für die Arbeiter in Lorville denken. Konnte es sein, dass es Parallelen zu meinen Aktionen gab? Aber wer waren dann die unfreundlichen Elemente? Das UEE? Das würde bedeuten X war genau wie ich jemand der für die gerechte Sache eintrat. Eine Sache die aber nicht gerecht war im Auge des UEE. Nein das konnte nicht sein. Das konnte ich mir nicht vorstellen. Die Nachrichten von X klangen eher nach jemandem der Erfolg und Einfluss hatte. Der gebildet und gut situiert war in der Gesellschaft. So jemand startete keine illegalen Aktionen.
Gedanken Versunken schaute ich aus dem Fenster. Die Lichter der Stadt funkelten in der Dunkelheit der Nacht. Der Blick in die Ferne gab mir keine Klarheit. Er konnte meine Gedanken nicht sortieren. Ich brauchte frische Luft.
Vor dem Haupteingang des Green Circle atmete ich tief durch. Etwas entfernt war die Statue des Space-Whales zu sehen, dem Wahrzeichen von Orison. Direkt gegenüber des Eingangs war ein Infopoint. Neugierig schaut ich welche Informationen es dort gab.
Auf einer Tafel waren Hintergründe zu August Dunlow zu lesen, dem Firmengründer von Crusader Industries. Fasziniert las ich die Informationen ein zweites und drittes mal.
Dort stand, dass August Dunlow ein Anti-Messer-Aktivist war, sich für Bürgerrechte einsetzen. Er gründete Crusader Industries nach dem Grundsatz, dass ein Unternehmen dann wirklich florierte, wenn es der Gesellschaft etwas zurückgab. Seine Vision war, dass ein Unternehmen sowohl finanziell profitabel als auch eine Kraft für das Gute sein konnte.
War das möglich? Der Gründer eines Megakonzerns war ein Anti-Messer Aktivis gewesen und setzte sich für das Gute ein? Wie passte das zusammen? Mega Erfolg und trotzdem gegen das Regime?
“Die Messer Ära ist vorbei”, hörte ich die mahnende Stimme von Brubacker in mir.
Trotzdem bekam ich das in meinem Kopf nicht zusammen. In meiner Zeit in Levski hatte ich erfahren was das Messer Regime mit den Menschen gemacht hatte. Flüchtlinge aus der Messer Ära besiedelten anfangs Levski. Bis heute lebten dort politische Aktivisten. Aber im Gegensatz zu Crusader blühte Levski nicht auf. Die Menschen dort waren nicht wirklich erfolgreich und lebten in sehr einfachen Verhältnissen.
Wie auch immer. Vielleicht konnte Brubacker dieses Rätsel lösen. Ich hatte eine Bergungsmission vor mir. Bevor ich los flog wollte ich jedoch noch einmal richtig gut und bequem schlafen.
***
Nach nur wenigen Stunden unruhigen Schlafs war ich im Hangar um meine Mission zu starten. Noch etwas schlaftrunken kam ich aus dem Fahrstuhl. Nach wenigen Schritten blieb ich mit offenem Mund stehen. Vor mir stand eine Origin 400i in einer metallischen Lackierung. Verwirrt überprüfte ich ob ich wirklich im richtigen Hangar war. Kein Zweifel, das war das Schiff, das X für mich bereit gestellt hatte. Mit so viel Luxus hatte ich nicht gerechnet. An Bord war ein Bodenfahrzeug vom Typ Tumbril Cyclone, verschiedene Raumanzüge für die unterschiedlichsten klimatischen Bedingungen, Bergungsausrüstung, medizinisches Equipment und Verpflegung für einen längeren autarken Aufenthalt. Das Schiff hatte zwei Decks. Unten war der technische Bereich mit dem Frachtraum. Oben das Cockpit und der Wohnbereich mit den Quartieren. Ein Zimmer für den Kapitän und eines für zwei Crew Mitglieder. Im hinteren Bereich des Oberdecks war eine Küchenzeile mit einer Sitzecke sowie ein großer Holotisch mit einer Karte. Der ganze Bereich war mit einer Panoramascheibe umgeben die einen Blick nach draußen gewährte. Die Materialien an Bord waren edel mit viel Holz und Marmor.
Eines war sicher. Unangenehm würde der Aufenthalt an Bord nicht werden. Auf der Karte fand ich Hinweise wo die Wracks zu finden waren. Es waren insgesamt 12 Absturzstellen auf den unterschiedlichsten Monden im Stanton System. Allerdings gab es keine exakten Koordinaten. Nur grobe Angaben zu Entfernung und Richtung ausgehend von bestimmten Außenposten. Reichen sollten diese Informationen trotzdem, hoffte ich.
Im Cockpit nahm ich im Pilotensitz platz. Er stand mittig vorne an einer Panoramascheibe die einen 180 Grad Rundumblick bot. Nur die Sicht nach unten und oben war eingeschränkt. Links und rechts hinter dem Pilotensitz waren noch zwei Support Sitze.
Nachdem ich die Startfreigabe eingeholt hatte öffneten sich die Hangartore. Elegant flog die 400i hinaus in den Nachthimmel von Crusader. Meine Bergungsmission begann. Eine Mission die gerecht zu sein schien. Doch sicher konnte ich mir nicht sein. Es gab zu viele Unbekannte, zu viele Ungereimtheiten. Ich beschloss vorsichtig zu sein und nicht zu viele Fragen zu stellen.