Log #130 – Killersatellit – Tiefe Einblicke

with Keine Kommentare

Unter erschwerten Bedingungen kam ich an neue Informationen.


-2 Grad Celsius, auf Microtech war das ein milder Tag. Durch den Wind fühlte es sich aber wie -10 Grad an. Die Blätter und farbenfrohen Blüten der Tundra bewegten sich hin und her. Eigentlich war es traumhaft schön und friedlich. Allerdings bildete sich Eis auf meiner Jacke und mein Plan bereitete mir etwas Sorgen. Ich hatte Brubacker um Hilfe gebeten und wartete auf ihn in der Einsamkeit der Wildnis. Um die Nachrichten von meinem Spitzel bei Shubin Interstellar auch außerhalb der Stadt empfangen zu können, musste ich einen Verstärker auf einem Hochhaus in New Babbage installieren. Ich hatte zwar die Seriennummer meiner Star Runner geändert, trotzdem wollte ich mit ihr nicht in die Stadt fliegen. Ich wollte sie nicht in die Höhle der Löwen bringen. 

Der Wind und die Eisbildung nahm zu. Die Kälte kroch durch meine Kleidung bis auf die Haut. Es fing an unangenehm zu werden. Ich ging zurück ins Raumschiff und zog mir einen Raumanzug an. Besser geschützt vor den kalten Temperaturen stieg ich auf einen nahegelegenen Hügel und wartete. Schließlich tauchte Brubacker mit seiner Aquilla auf. Genau das Schiff das ich jetzt brauchte. Von der Anhöhe beobachtete ich wie Brubacker in der Nähe meiner Star Runner schräge auf einem Hang aufsetzte. Ich schüttelte den Kopf und grinste. Landen konnte er immer noch nicht.

Als Brubacker den Hügel hoch lief hörte ich ihn durch seinen Helm schwer atmen. Der Schreiberling war echt nicht fit. “Schreibtischtäter… Mann Du musst Dich mehr bewegen!”

“Raus mit der Sprache. Was ist los.” keuchte Brubacker.

“Jetzt wo Du endlich hier oben angekommen bist können wir gemütlich zu Deinem Raumschiff spazieren und ich erzähle Dir dabei alles.”

Unter Protest folgte mir Brubacker und ich berichtete ihm von den jüngsten Geschehnissen und von meinem Plan. 

“Es gibt Neuigkeiten von dem Kampfstoff den wir aus dem Wrack geborgen hatten. Die Aktivisten haben ihn analysiert. Sie haben so etwas noch nie gesehen und haben keine Ahnung was das für ein Zeug ist. Aber sie haben herausgefunden, dass man damit das Leben auf einem ganzen Planeten ausrotten kann. Vielleicht ist es wirklich ENOS. Aber wir wissen es nicht. Wir wissen nur, das Zeug ist sau gefährlich. Frage ist, warum baut Hurston Dynamics einen Killersatelliten mit so einem gefährlichen Kampfstoff.”

Wir ließen meine ‘White-Rabbit’ in der Wildnis stehen und flogen mit der Aquilla von Brubacker nach New Babbage. Als wir über der Stadt angekommen waren machte ich den Snub Fighter von der Aquilla startklar. Mit ihm wollte ich unauffällig auf einem Hochhaus in der Nähe der Shubin Zentrale landen und den Verstärker installieren. Als ich in das Cockpit des kleinen Fighters stieg merkte ich, dass ich meinen Helm nicht dabei hatte. Na ja, dachte ich mir, die Mütze würde es auch tun. Zu diesem Zeitpunkt war mir noch nicht bewusst, was mich erwarten sollte.

Ich aktivierte die Startsequenz, der Snub Fighter löste sich vom Mutterschiff. Ein Krachen, ein Ruck und Funken flogen.  Ich war frei, die Aquilla befand sich nur zwei Meter über mir. Ich gab vorsichtig Schub. Der kleine Jäger taumelte, reagierte nur unwillig auf Richtungsänderungen. Es fiel mir schwer ihn zu kontrollieren. Dann merkte ich, dass ich im decoupled Modus war und sämtliche Flugunterstützungen deaktiviert waren. Um mehr Gefühl für das kleine Schiff zu bekommen flog ich ein paar Runden und ging dann in einen Formationsflug mit der Aquilla. 

Nachdem ich den Dreh raus hatte tauchte ich hinab in die Stadt. Die Sonne stand schon tief und hüllte alles in ein trügerisch warmes Licht. Die Shubin Zentrale war nicht zu übersehen. In große Buchstaben stand der Firmenname an der Seite des auffälligen Hochhaus-Komplexes. Ich kreiste um das Gebäude und fand schließlich ein geeignetes Hochhaus in unmittelbarer Nähe. Ohne Probleme konnte ich auf dem Dach des Hochhauses landen.

Der eisige Zorn Microtechs traf mich hart als ich das Cockpit öffnete. Ein starker Wind wehte, es hatte -77 Grad Celsius. Das Atmen fiel mir schwer. Beim ausatmen bildeten sich weiße Wolken vor meinem Mund. Jetzt rächte sich, dass ich meinen Helm vergessen hatte. Vorsichtig kletterte ich aus dem Cockpit und schaute mich auf dem Dach des Hochhauses um. Eiskristalle flogen gegen meine Schutzbrille, die Mütze setzte sofort Eis an. Dann piepste mein Raumanzug. 7 Minuten bis zum Kältetod.

In einer Ecke des Lande-Pads fand ich eine Kommunikations-Antenne. “Bingo” dachte ich mir, das erleichterte mein Vorhaben. Mit eisigen Fingern installierte ich meinen Verstärker an der Antenne. Mein Gerät fiel nicht auf. Ich hatte Hoffnung das es unbemerkt blieb. Schneller als gedacht war ich fertig und ging zurück zum Snub Fighter. Mein Gesicht fühlte sich an wie ein Eisbrocken. Ich war froh wieder ins Warme zu kommen. Dann der Schreck. Das Schiff startete nicht mehr. Da stand ich, in der eisigen Kälte und kam nicht weg. Es gab nur eine Hoffnung, Brubacker. Eine schwache Hoffnung. Ich war mir nicht sicher, ob er die Aquilla auf dem Dach landen konnte.

Nachdem ich Brubacker angefunkt hatte, machte er dumme Sprüche ich hätte sein kleines Schiff kaputt gemacht. Dennoch ließ er mich nicht hängen und machte sich auf den Weg. Es dauerte ewig bis er kam. Mir lief die Zeit davon. Mein Anzug zeigte an, dass ich noch 5 Minuten zu überleben hätte. Ich schaute in die Richtung aus der Brubacker kam. Nur langsam wurde die Silhouette von Brubacker’s Aquilla größer. Der mörderische Eiswind blies mir direkt ins Gesicht. Schützend hob ich meine Hand. Es hatte wenig Wirkung. Die Eiskristalle prasselten mir ins Gesicht. Ich zitterte, alles fühlte sich steif an.  Auf der Anzeige stand noch 2 Minuten. Ich fühlte mich bereits tief gefroren und unfähig mich zu bewegen. Brubacker würde nur einen Eisklotz finden wenn er nicht schnellsten auftauchte.

Endlich war Brubacker da. Seine Landung war noch langsamer als sein Anflug. Es wirkte als sei sein Schiff eingefroren, so langsam bewegte es sich. Ich fing an zu verzweifeln. Die rettende Aquilla war direkt über mir und doch unerreichbar. Fast wäre Brubacker auf dem Geländer gelandet. Ich versuchte ihn einzuweisen, konnte meinen Mund aber kaum bewegen. Ich hob die Arme und versuchte das Schiff zu greifen, die Rettung zu mir zu ziehen. Meine Bewegungen wurden immer langsamer, alles war eingefroren. Dann stand die Aquilla endlich auf dem Lande Pad, der Fahrstuhl fuhr runter. Mit letzter Kraft schleppte ich mich auf den Fahrstuhl. Wie von Geisterhand wurde ich nach oben gehoben. Warme Luft umfasste mich.

“Und jetzt?” fragte Brubacker als wenn nichts gewesen wäre.

“Zurück zur White-Rabbit.” antwortete ich mit vor Kälte zittriger Stimme.

Die Aquilla stieg empor und ließ die Stadt hinter uns. Die Sonne schien in einem warmen orangen Licht durch die Cockpit-Scheibe. Es war ein trügerisch warmes Licht.

Einige Zeit später schaute ich wieder in das warme Licht der untergehenden Sonne. Inzwischen war ich mit der White-Rabbit im Orbit über New Babbage. Der Zentralstern von Stanton  strahlte warm und freundlich in das Cockpit meiner Star Runner. Ich aktivierte die Kommunikations-Antenne und stellte eine Verbindung zum Verstärker auf dem Hochhaus her. Eine Nachricht wurde übertragen. Die Verbindung klappte. Erleichtert funkte ich Brubacker an. “Wir können noch etwas trinken gehen. Dann kann ich gleich erzählen was in der Nachricht steht.”

“Nee danke. Höre das erstmal selber in Ruhe ab. Dann erkläre mir das Wichtigste.” Brubacker’s Antwort klang etwas konsterniert. 

Dann verschwand Brubacker im Quantum Tunnel.

Ich öffnete die Nachricht von meinem Spitzel bei Shubin.

Shubin und Hurston Dynamics führen geheime Gespräche darüber, wie der Fair Chance Act umgangen werden kann. Dabei fiel auch ein Codename: Seesterne. Ich melde mich wieder wenn ich mehr herausgefunden habe.

Ich schaute in der ARK Datenbank nach was der Fair Chance Act war. Er wurde erlassen um Planeten mit potentiell empfindungsfähigen Leben zu schützen. Kontakt mit den Bewohnern des Systems, Terraforming und Bergbau waren dann verboten. Ich grübelte wie dieses Puzzleteil in das Gesamtbild passte.

Die Perspektive von Brubacker…..