Log #80 – Box Recovery und John Brubacker

with Keine Kommentare

Ich musste eine Box mit Geheimdaten bergen und hatte eine Begegnung mit John Brubacker.


Ich durfte keine Zeit verlieren und rannte zum Hangar. Dabei war ich eben erst auf Microtech gelandet. Es blieb weder Zeit zum Essen noch für die Übergabe meiner Scannerdaten an Marsden Analytics. Wenige Minuten später war ich im Quantum Flug zum Gasriesen Crusader. Was war passiert?

Ich hatte eine Nachricht von den Aktivisten erhalten. Eine Kiste mit Datenträgern musste auf Gundo sichergestellt werden. Die Daten wären extrem wichtig und müssten schnellstmöglich nach Levski gebracht werden. UEE Agenden wären auch hinter den Daten her. Mein Auftraggeber war sehr besorgt und bereit alles zu tun um die Daten zu bekommen. Das klang nicht nach einem Spaziergang. Ich bereitete mich besser auf Probleme vor.

Als ich im Orbit des Crusader Mondes Daymar ankam, schien bei der zerstörten Raumstation alles ruhig zu sein. Wie erstarrt schwebten die Trümmer im Vakuum des Weltalls. Stille Zeugen der gewaltigen Explosion die es auf dem Shipping Hub Gundo gegeben hatte. Ich versteckte meine Cutlass auf der Schattenseite unter einem Pad. Ich hoffte sie blieb im Dunkeln unentdeckt, falls ich unerwarteten Besuch bekommen würde.

Zum Glück war ich schonmal hier und kannte mich auf der Station aus. Im EVA schwebte ich von meinem Versteck zu dem Loch durch das ich in die Station gelangen konnte. Weit entfernt bemerkte ich eine Drake Caterpillar. Warum war das Schiff hier? Es schien sich nicht zu bewegen. In meinem Kopf formten sich Bilder von Drake Dragonflys, die aus den seitlichen Toren der Caterpillar strömten und wie ein Schwarm Hornissen über die Station her fielen.

Mit erhöhtem Puls schwebte ich in die Station. Es war genauso gespenstisch wie bei meinem letzten Besuch. Einzelne Scheinwerfer warfen tanzende Schatten an die Wände. Kisten schwebten überall schwerelos in den Gängen. Viele Kisten, zu viele Kisten. Plünderer hätten die Station schon längst leer Räumen müssen. Woher kamen die ganzen Kisten? Irgendetwas ging hier vor, das war nicht normal.Jede Menge Unrat treibte schwerelos durch die Gänge, Stühle, Kisten, Flaschen. Es herrschte das totale Chaos. Trotzdem fand ich relativ schnell die richtige Kiste. Ich war gerade auf dem Rückweg als es in meinen Kopfhörern knackte. “Ich habe hier draußen eine Cutlass geortet. Schwer zu entdecken, direkt an der Station abgestellt. Sei vorsichtig da drinnen! Du bist vielleicht nicht allein. Wir setzen das Schiff fest.” Ich hatte einen Empfänger installiert um jeden Funk abhören zu können. Die Anfänger nutzten keine Verschlüsselung, das gab mir einen Vorteil.

Ich schwebte zum Ausgang und spähte durch die Lamellen nach draussen. Eine Hornet parkte auf dem zerstörten Landepad. Sonst konnte ich nichts erkennen. Die Hornet war ein Einsitzer, da musste also mindestens noch ein Schiff sein. Der Pilotensitz war leer. Es war noch jemand in der Station. Mir wurde gerade klar, dass ich in der Falle saß, als jemand um die Ecke kam. Mir blieb das Herz stehen.Der Typ kam aus dem Gang und schwebte durch den Raum zum Ausgang. Ich  hing direkt unter der Decke. “Schau nicht nach oben, schau nicht nach oben”, dachte ich mir. Ich wagte nicht zu atmen. Die Sekunden kamen mir wie Minuten vor. Er glitt unter mir durch, schlüpfte durch den Ausgang nach draussen und kletterte in seine Hornet. Explosionsartig kam die angestaute Luft aus meinen Lungen. Glück gehabt, fürs erste.

Aber wie sollte es weitergehen? Wegfliegen konnte ich nicht. Ewig warten auch nicht. Irgendwann würde mir der Sauerstoff ausgehen. Ich musste etwas unternehmen. Ich versteckte die Kiste und ging nach Draussen um die Lage zu checken. Es war riskant, notfalls würde ich den ahnungslosen mimen und so tun als wäre ich nur ein Tourist.

Im Schutz der Dunkelheit schwebte ich zum Versteck meiner Cutlass. Zwei Hornets und eine Freelancer hatten mein Schiff umstellt. Keine Chance unbemerkt an Bord oder gar weg zu kommen. 3 gegen 1, es war aussichtslos. Da kam mir eine Idee, eine Idee, die einem nur in der Verzweiflung kommt.Ich flog zur Heckrampe der Freelancer. Ich hatte es vermutet. Sie war nicht abgeschlossen. Anfänger! Unbemerkt schlüpfte ich in den Frachtraum des Raumschiffes. Vorsichtig ging ich nach vorne. Erster Raum, leer, zweiter Raum, auch leer. Mit jedem Schritt stieg meine Anspannung. schließlich das Quartier mit den Betten. Auch hier war niemand. Ich stand angespannt am Zugang zum Cockpit. Durch das Türfenster sah ich eine einzelne Person. Sie saß auf dem Pilotensitz. Mit einem Zischen öffnete sich die Tür. Es war laut wie das Zischen einer alten Dampflok. Ich zuckte zusammen.

In diesem Augenblick kam ein Funkspruch über das offene Intercom. Die Piloten der drei Schiffe verlangten die Herausgabe der Kiste. Sie drohten mein Schiff zu zerstören. Ich war kein Freund von Gewalt, aber ich sah keine andere Chance. Ich zog meine Waffe und hielt sie dem Piloten der Freelancer an den Kopf.

Die Idioten wollten mir noch klar machen, dass sie in der Überzahl seien. War denen nicht bewusst, dass ihr Kamerad eine Waffe am Kopf hatte? Oder würden sie ihn sogar Opfern? In diesem Augenblick tauchte wie aus dem Nichts eine Banu Defender vor dem Cockpit der Freelancer auf. Ich hatte das Gefühl, dass es mir den Boden unter den Füßen wegzog. Mein Magen drehte sich. Es fühlte sich an wie plötzliche Schwerelosigkeit.

Ich stand zwar noch mit beiden Füßen auf dem Boden, aber die Lage war aussichtslos. Und dann kam ganz unverhofft ein kleiner Hoffnungsschimmer. Die Piloten beteuerten, dass die Defender nicht zu ihnen gehörte. Ich hörte Nervosität in Ihren Stimmen. Entweder wendete sich das Blatt, oder wir waren alle am Arsch. Mit dem Mut der Verzweiflung verlangte ich, dass sie die Defender los werden sollten. Dann könnten wir über alles weitere reden.

Nach einer kurzen Pause kam ein Nein über den Funk. Zuerst war ich irritiert. Dann sagten sie, dass sie keine Killer wären und nicht einfach irgendwelche Leute abschießen würden. Jetzt war meine Verwirrung komplett. Was waren das für Typen? UEE Agenten und Piraten hätten kurzen Prozess gemacht.Ich steckte meine Waffe weg und sendete ein Zeichen der Entspannung. Es war Zeit zu reden. Hoffentlich bemerkten sie nicht die Nervosität und Anspannung in meiner Stimme. Es stellte sich heraus, dass sie Freelancer waren, die den Auftrag hatten die Kiste zu bergen. Einer war der Chefredakteur von Off the Record, der Redaktion, die ich auf ArcCorp gesehen hatte. Konnte das wirklich sein? Ich schimpfte noch über seinen Invictus Launch Week Artikel und warf ihm UEE Hörigkeit vor. Aber er war nicht aus der Ruhe zu bringen und er beteuerte seine Neutralität.

Da sie nichts von den Aktivisten wussten erklärte ich meinen Auftrag und dass die Kiste nach Levski musste. Sie schienen irgendwie Verständnis zu haben. Ich schlug ein Treffen, in Levski im Cafe Musáin vor. Dort würde ich erklären um was es wirklich ging und die Kiste übergeben.

Nachdem ich die Kiste aus dem Versteck geholt hatte flog ich nach Levski. Unterwegs schickte ich eine Nachricht an die Aktivisten. Sie sollten die drei Typen durchleuchten. Nach meiner Landung brachte ich die Kiste ins Hinterzimmer vom Cafe Musáin. Ein Aktivist erwartete mich bereits mit der Info, dass die drei Typen sauber seien.

Ich stand auf der Treppe zum Hinterzimmer und wartete. Zwei Typen kamen ins Café, gefolgt von einem dritten der eine Rüstung und einen Helm trug. Was ein Clown. Vor was hatte der Angst? Es waren die drei Piloten vom Gundo Shipping Hub. Die Situation schien ihnen nicht ganz geheuer zu sein. Sie wollten nicht ins Hinterzimmer. Ich hatte das Gefühl die Oberhand zu haben.

Wir nahmen im Lounge Bereich Platz. Die drei saßen mir gegenüber wie drei Schuljungen.Das Gefühl der Überlegenheit war ungewohnt für mich. Ich erklärte worum es ging. Die Unterdrückung der freien Völker durch das UEE und die Konzerne. Dass wir keine bösen Menschen seien sondern nur unabhängig leben wollten. Und dass sie hier in Levski nichts zu befürchten hätten. Nach einer Weile setzte sich ein Aktivist neben mich. Er flüsterte mir zu, dass die Daten gesichert seien. Ich könnte die Kiste übergeben.

Inzwischen schienen die drei etwas Vertrauen gefasst oder Mut gefunden zu haben. Der Schreiberling sagte: “Okay, ich werde es mir ansehen.” Sie kamen mit ins Hinterzimmer. Die Stimmung lockerte sich. Einer zeigte sich erstaunt über die teilweise moderne Technik in dem Raum. Er machte Scherze darüber über welche Dunklen Kanäle die wohl nach Levski gekommen sei.

Zum Abschluss gingen wir noch zusammen an die Bar. Die drei zeigten Verständnis für die Bedürfnisse der freien Völker. Betonten aber auch dass das UEE nicht so schlimm und die Messer Ära vorbei sei. Ich war mir nicht sicher auf welcher Seite sie standen. Der Chefredakteur, sein Name war John Brubacker, betonten immer wieder, dass er neutral sein musste, sonst würden die Behörden seine neu gegründete Redaktion zu machen. Na ja, nicht auffallen, das kannte ich. Auch ich blieb lieber unter dem Radar. Und die beiden anderen. Der eine, Hawk, hatte was mit Glücksspiel am Hut. Der andere, Skorpi, mit Rennen, illegalen Rennen. Ich hatte das Gefühl, dass ich die drei nicht zum letzten mal gesehen hatte.

(Anmerkung: Die Geschichte aus der Sicht von John Brubacker findet Ihr auf der Seite des Sternenwanderers.org: Journal-Eintrag 08/09/2950 – Zero Sense)