Log #273 – Zurück in der Wüste

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Nach den Onyx-Ermittlungen kehrte ich zurück zu meinen Wurzeln.


Stille. Absolute Stille umgab mich. Keine Schreie – keine Schüsse – keine unterirdische Anlage voller Monster und Strahlung. Ich hatte Sand unter den Füßen und Sterne über dem Kopf. Nach den Ermittlungen in der Onyx Anlage hatte ich mich nach Pyro in die Wüste zurückgezogen. Der Horror von Dr. Jorrits Forschungen verblasste langsam. Die Ruhe und Einsamkeit half mir, meine Mitte wiederzufinden. Dennoch blieben Wunden in der Seele zurück. Brubacker, Alaska, Pike, Husky, Friedrich – wir alle waren gezeichnet von den Erlebnissen. Jeder ging seinen eigenen Weg, um damit fertig zu werden.

Mein Blick verlor sich in der Dunkelheit zwischen den Sanddünen. Dort draußen in der unberührten Ursprünglichkeit lag mein Weg. Ein sanfter Windhauch strich über meine Wange. Ein Vorbote der aufgehenden Sonne. Der Wind wurde kräftiger und ich zog die Kapuze über den Kopf. Dann stieg Pyros Stern über den Horizont. Felsen und Sandstrukturen traten aus der Dunkelheit hervor und die Temperaturen stiegen rasch.

Meine Vorräte waren zu Ende – Zeit, um nach Sunset Mesa zurückzukehren.

*

Im Gemeinschaftshaus hingen Pflanzen von der Decke, es roch nach frischen Kräutern und das Knistern eines Feuers lag in der Luft. Der Unterschied zum Horrorkabinett von Dr. Jorrit hätte nicht größer sein können. Entspannt saß ich in einem Sessel und schaute aus dem Fenster. Viel war nicht zu sehen, nur tausende Sandkörner, die gegen die Scheibe prasselten. 

“Der Sandsturm wird kräftiger. Vorerst können wir die Arbeiten nicht aufnehmen.”

Ich schaute hoch. Einer der Siedler stand neben mir. Er kam gerade von draußen und hatte die Schutzbrille noch auf der Nase sitzen. 

“Kein Problem”, antwortete ich. “Ich mach heute Abend weiter. Der Schrott läuft nicht weg.”

“Wahrlich nicht”, sagte der Siedler lachend. “Komm, auf den treuen Schrott trinken wir.”

Wir gesellten uns zu einer Siedlerin, die drei Tonkrüge auf den Tresen stellte. Krachend stießen die Krüge in der Luft zusammen, ein Teil des Inhalts schwabte über die Kante und dann floss der Rest in unsere Kehlen. Weitere Krüge folgten, bis es draußen dunkel wurde und das Prasseln der Sandkörner an der Scheibe aufhörte. Ich schob meinen Krug zur Seite und sagte.

“Ich mach mich an die Arbeit.”

“OK. Wir bereiten das Abendessen zu”, antwortete der Siedler.

Nachdem ich mir stabile Schutzkleidung angezogen hatte, trat ich mit dem Salvage-Tool ins Freie. Die Nacht war sternenklar und ruhig. Der Berg Altmetall des Schrottplatzes zeichnete sich schemenhaft vor dem dunklen Himmel ab. In aller Ruhe fing ich an, eine große Metallplatte zu bearbeiten. Der Laser penetrierte das Metall und brachte es zum Schmelzen. Erst orange, dann weiss glühte die Oberfläche. Einige Tropfen des flüssigen Metalls fielen auf den Boden, der Rest wurde vom Salvage-Tool aufgesaugt. Es war eine meditative Arbeit.

Plötzlich wurde die Stille der Nacht vom Triebwerk eines näherkommenden Raumschiffes durchbrochen. Mir stockte der Atem. Panisch schaltete ich den Laser ab und ging hinter der Metallplatte in Deckung. Eine Asgard flog über den Schrottplatz und verschwand hinter einem Hügel. Auf einen Schlag war es dort taghell. Zitternd schaute ich hervor – nichts passierte. Die Asgard musste die Landescheinwerfer eingeschaltet und im oberen Teil von Sunset Mesa gelandet sein. Vermutlich war es nur ein Händler. 

Ich setzte mich auf den Boden, stützte den Kopf in die Hände und versuchte, meine Atmung zu beruhigen. Da waren sie wieder, die Panikattacken, die ich seit meiner Regeneration hatte. 

*

Am nächsten Morgen schlenderte ich über den Schrottplatz. Zwischen dem Altmetall stand ein seltsam aussehendes Raumschiff. Es war hoch und schmal und hatte links und rechts Flügel die hoch geklappt waren. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Es sah aus, als ob jemand von verschiedenen Drake Schiffen Teile und Inspiration genommen und sie ohne jeden Sinn für Ästhetik zusammengesetzt hatte. 

Gerald kam und stellte sich neben mich.

“Was ist das für ein hässlicher Koffer?”, fragte ich ihn.

“Eine Drake Clipper. Wurde vor kurzem auf der IAE vorgestellt. Das ist ein Vorserien-Prototyp. Soll verschrottet werden.”

“Ah ha”, stieß ich verwundert hervor.

“Da steckt mehr drin als Du denkst. Eigentlich ein praktisches Schiff. Hat sogar eine Krankenstation.”

“Ernsthaft?”, fragte ich erstaunt.

“Ja. Und eine Crafting-Station. Die funktioniert in dem Prototyp aber nicht. Und die Triebwerke machen auch komische Geräusche. Ist halt Drake”, erlauterte Gerald schulterzuckend.

“Aber sie fliegt?”, hackte ich fragend nach.

“Ja. Willst einen Ausflug machen?”

Grinsend schaute ich Gerald an, der schaute nickend zurück. 

Vor einem Jahr bin ich nach Pyro gekommen und habe in der Wüste des Planeten Monox ein Leben als Eremit begonnen. Ich hatte Chaos, Korruption und Dysfunktionalität des Stanton-Systems hinter mir gelassen. Doch dann holten mich die Ereignisse mit den Frontier Fighters und der Regeneration-Krise ein. Beides war vorbei. Es war an der Zeit mich zurückzuziehen und wieder mein Leben zu führen. Ein Leben befreit von Skandalen, Krisen und Verpflichtungen. Ein Leben in Freiheit und Unabhängigkeit.

Nachdem ich mein Hoverbike in den Frachtraum geladen hatte, plumpste ich in den Pilotensitz. Das Cockpit war vertraut – typisch Drake. Die Triebwerke erwachten langsam zum Leben – hustend – stotternd – dann brüllten sie laut. Die Clipper hob ab. Widerwillig senkten sich die Flügel und entfalteten sich zu ihrer vollen Größe. 

Vorsichtig drückte ich den Schubhebel nach vorne. Mit ohrenbetäubenden Röhren wurde ich in den Sitz gepresst. Sunset Mesa wurde schnell hinter mir kleiner. Die Einsamkeit der Wüste hatte mich wieder, ich war wieder in meinem Element.