Wir begannen mit gefährlichen Ermittlungen in der Onyx-Anlage.
Wir waren dabei, hinabzusteigen in die Abgründe der geheimen Forschungen des ASD Chefwissenschaftlers Dr. Jorrit. Nach der Aufklärungsmission wussten wir, dass die Onyx-Anlage zwar aufgegeben, aber nicht verlassen war. Irgendetwas war in den Tiefen der Forschungseinrichtung noch aktiv. Nicht nur verstrahlte Valakaare und Scavenger, da war noch etwas anderes. Im Auftrag der Hockrow Agency sollten wir nachsehen und so viele Daten wie möglich sammeln.
Allerdings fehlte der Ruhepol unserer Gruppe. Friedrich wurde auf fragwürdige Weise verhaftet und nach Terra gebracht, um wegen der Infiltration der ASD-Anlagen in Pyro angeklagt zu werden. Es gab nur einen Weg, ihm zu helfen. Die Machenschaften der ASD aufdecken und öffentlich zu machen.
Brubacker hatte Husky zur Unterstützung angeschleppt. Der lamentierte jedoch die ganze Zeit, dass er lieber biken würde. Ich war mir nicht sicher, ob er uns wirklich eine Hilfe war. Auch Brubacker und Alaska waren nicht gerade ein Quell der Zuversicht. Nur Pike wirkte ruhig.
Unsicher, ob unsere Mission gelingen würde, stand ich im Hangar der Onyx-Anlage und starrte auf das dreieckige ASD-Logo an der Wand. Es wirkte auf mich wie ein Fadenkreuz. Wie ein bedrohliches Symbol unseres anstehenden Untergangs. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken.

Das Knacken im Funk riss mich aus meinen Gedanken.
“Risa für Zero. Wir haben den Bereich gesichert. Ihr könnt nachrücken.”
Zum Glück hatten wir wieder Geleitschutz von TYR. Allerdings waren Kjeld und Raff nicht verfügbar. Ich hatte schon Sorge, dass ich das Kommando übernehmen müsste, eine Rolle, die mir überhaupt nicht gefiel. Ich war kein Anführer und von militärischer Taktik hatte ich absolut keine Ahnung. Zu meiner Beruhigung übernahm Risa direkt die Befehlsgewalt. Sie bildete zusammen mit Batou und Jennifer den Sicherungstrupp. Meine Aufgabe war die Kommunikation zwischen unserer Gruppe und den TYR Leuten. Eine Aufgabe, die mich noch herausfordern sollte.
Dank dem Begleitteam konnten wir in aller Ruhe Terminals, Server und Industrieanlagen untersuchen. Die gigantische unterirdische Anlage mit ihren dunklen Gängen, großen Maschinen und unheimlichen Geräuschen wirkte zwar immer noch bedrohlich, doch wir fühlten uns sicher. Vielleicht zu sicher. Brubacker, Alaska und Husky spazierten herum wie Touristen auf einer Aussichtsplattform in der Wolkenstadt Orison. Sie liefen direkt in das Schussfeld der Schutztruppe und betraten Areale, die noch nicht gesichert waren. Immer wieder funkte Risa mich an, Husky oder Brubacker zurück zu rufen. Ich konnte die Gruppe nicht zusammenhalten. Jennifer hatte recht, als sie sagte, wir wären schlimmer als ein Sack Flöhe.
Und dann verlor auch ich den Fokus. Ein Loch in der Wand erregte meine Aufmerksamkeit. Das Loch führte in einen rot beleuchteten Schacht. Neugierig folgte ich ihm. Im Funk hörte ich Risa.
“Zero, Du verlässt den gesicherten Bereich.”
Hinter mir mahnte Brubacker.
“Willst Du nicht den Sicherungstrupp vorgehen lassen?”
Doch ich war wie in Trance. Irgendetwas zog mich förmlich in den Schacht. Kriechend folgte ich ihm um eine Ecke und stand plötzlich in einem Lagerraum. In den Regalen lagen Kisten mit Rüstungsteilen. Daneben standen Waffenschränke mit großen, mir fremden Langwaffen. Es war ein Paradies für Plünderer.
“Was sind das für Dinger?”, fragte ich. “Mächtig.”
“Scharfschützengewehre von Volt”, stellte Pike fest, der hinter mir aus dem Schacht kroch.
Ohne lange zu überlegen, nahmen wir die Gewehre an uns. Dann tauchte Alaska auf und fing auch an, den Inhalt der Kisten einzupacken. Vorher war mir schon aufgefallen, dass er Sachen von erschossenen Scavengern an sich genommen hatte. “Für die Wissenschaft”, hatte er gesagt. Extreme Situationen schienen selbst integere Menschen wie Alaska zu verändern.
Nachdem wir genug Daten und Material gesammelt hatten, flogen wir in den Orbit, um per Richtstrahl-Nachricht die gesammelten Daten an die Hockrow Agency zu übermitteln. Es dauerte nicht lange, bis eine Antwort eintraf. Laut den Daten war Dr. Jorrit erst kürzlich in der Onyx-Anlage. Wir sollten nochmal rein gehen, viel tiefer reingehen, um weitere Daten zu finden.
Kurze Zeit später standen wir im Empfang des Research Flügels am eingestürzten Aufzugschacht.
“Da sollen wir runter?”, fragte Brubacker irritiert.
“Das ist der einzige Weg”, sagte Risa. “Wir gehen vor und sichern den Bereich. Wartet auf mein Zeichen”
Kaum war der Sicherungstrupp den Schacht hinuntergeklettert, ging Husky hinterher.
“Wo geht er jetzt schon wieder hin?”, fragte ich verzweifelt und kletterte kopfschüttelnd ebenfalls in den Schacht.
Die anderen folgten mir. Über abgebrochene Betonplatten und verbogene Metallgitter kletterten wir nach unten. Plötzlich hörte ich Risa im Funk.

“Husky läuft hier rum. Zero, pfeif ihn zurück. Der Bereich ist noch nicht sicher.”
“Husky! Komm zurück. Wir bleiben im Fahrstuhlschacht bis Risa das Go gibt”, raunte ich.
Dann marschierte auch Brubacker los und schaute sich in aller Ruhe um. Das unvorsichtige Verhalten der beiden fing an mich zu nerven. Warum entfernten sie sich immer wieder von der Gruppe?
Schließlich kam das Go von Risa und wir durchsuchten das Stockwerk. Planlos liefen wir durch halb dunkle Gänge und verwüstete Räume. Es sah chaotisch aus. Durchwühlte Kisten, Blutspuren, Waffen, die auf dem Boden lagen. Dazwischen tote Scavenger und tote Angestellte in ASD Overalls. In einem Raum fanden wir hinter Trennwänden eine Krankenliege, darauf ein schwarzer Leichensack, in dem ein Körper steckte. Überall war Blut. Was beim Propheten war hier passiert?
“Hey Zero. Schau mal, hier stehen Server und bei einigen blinken Lichter”, rief Pike.
Sofort fing ich an, Daten von den Servern herunterzuladen.
“Ich hab da was. Jorrit war zwei Ebenen tiefer. Dort finden wir bestimmt wertvolle Daten.”
“Ich hab nur einen sicheren Weg nach unten gefunden”, sagte Risa. “Wir müssen einen Schacht runter springen.”
Kurz darauf standen wir an einem mehrere Meter breiten Schacht, der durch alle Stockwerke nach unten ging und nach allen vier Seiten offen war. Man konnte direkt nach unten in die anderen Ebenen schauen. Fassungslos standen wir am Abgrund und fragten uns, wie wir da runterkommen sollten, ohne uns alle Knochen zu brechen.
“Nehmt Anlauf und springt an der Kante ab”, erklärte Risa. “So landet ihr eine Ebene tiefer genau auf der gegenüberliegenden Seite. Ich zeige es euch.”
Präzise sprang Risa ein Stockwerk tiefer. Pike und ich folgten ihr. Dann versuchte es Brubacker. Die erste Ebene schaffte er noch. Dann sprang er zu kurz, krachte mit der Brust gegen die Bodenkante, versuchte verzweifelt, sich festzuhalten, verlor den Halt und stürzte ab. Nur Sekunden später schlug Alaska neben ihm auf.
“Seit ihr verletzt?”, rief Risa. “Wir kommen.”
Momente später erreichten alle außer Pike und mir die beiden. Dann sprang ich von Ebene zu Ebene und zögerte auf dem Stockwerk auf dem Dr. Jorrit gewesen sein musste. Plötzlich pfiffen Kugeln an meinem Kopf vorbei. Mit einem Satz flüchtete ich hinter eine Kiste. Die Kugeln prasselten gegen meine Deckung. Ich saß fest, unfähig irgendetwas zu unternehmen. Dann kamen Schüsse aus einer anderen Richtung. Noch bevor ich realisieren konnte, was los war, stand Pike neben mir.
“Hab ihn erwischt.”
Erleichtert schaute ich ihn an. Dann hörte ich Risa im Funk.
“Alles klar bei euch da oben? Kommt runter, es gibt für uns keinen Weg nach oben.”
Verdammt, wir waren getrennt vom Sicherungstrupp. Wenn wir herausfinden wollten, was Dr. Jorrit auf dieser Ebene gemacht hat, mussten Pike und ich alleine suchen. War es zu riskant, ohne Sicherungstruppe zu suchen? Erneut schaute ich Pike an. Für einen Moment überlegte ich – alleine mit Pike – war das eine gute Idee? Ich wägte Für und Wider ab, dann antwortete ich Risa.
“Wir schauen uns hier erst noch um. Wartet auf uns.”
Pike nickte mir zu und ging zu dem Typen, der mich beschossen hatte.
“Hier ist eine Tür. Durch die Glasscheibe sehe ich Spinde und ein Terminal.”
Pike rüttelte an der Tür.
“Verdammt, sie ist verschlossen.”
Eine innere Stimme sagte mir, dass die Tür nicht ohne Grund verschlossen war. Ich schaute mich um und fand einen Lüftungsschacht in der Decke. Mühsam zog ich mich in meiner schweren Rüstung hoch. Polternd kroch ich durch den engen Schacht bis zu einer Abzweigung. Rechts war eine Öffnung im Boden die in einen Raum führte. Vorsichtig schaute ich nach unten. Dann hörte ich Pike hinter mir.
“Geradeaus ist Ende.”
“Dann rechts.”
Mit den Füßen voraus ließ ich mich durch die Öffnung in den Raum fallen und landete hart. Ich schaute mich um und traute meinen Augen nicht. Ich stand auf der anderen Seite der verschlossenen Tür in einem Sicherheitsbereich. Neben den Spinden waren Waffenschränke mit Volt Scharfschützengewehre und Munition. Sofort packte ich welche in meinen großen Rucksack. Auch Pike kam durch die Öffnung in den Raum und packte ein, was er konnte. Fast hätten wir vergessen, warum wir hier waren. Eilig durchsuchten wir alles und fanden schließlich Aufzeichnungen von Dr. Jorrit.
“Nichts wie weg, bevor noch mehr Ärger kommt.“
Sekunden später waren wir bei den anderen und suchten in einem Treppenhaus einen Weg zum Ausgang. Es sah apokalyptisch aus. Überall war Blut, auf einer Stufe lag ein Skelett, das noch in einem Overall steckte. Plötzlich öffnete sich eine Tür – grün leuchtende Kopione stürmte herein. Ausnahmslos alle eröffneten das Feuer. Chaotisch zogen wir uns wild schießend aus dem Treppenhaus zurück. Im Gegensatz zum Sicherungstrupp hatten wir keine schallgedämpften Waffen. Die Schüsse hallten wie ein Donner durch die große Aula, die an das Treppenhaus angrenzte. Spätestens jetzt wusste jeder in der Onyx-Anlage, dass wir da waren. Plötzlich wurden wir von allen Seiten beschossen. Wir saßen in der Falle. Panik brach aus.

“Los! Zum Fahrstuhl in der Aula!”, schrie Risa.
Entsetzt schaute ich in die Aula. Zwischen uns und dem Fahrstuhl war ein großer offener Raum fast ohne Deckung. Die Söldner von TYR hatten vor dem Fahrstuhl bereits Position bezogen und ein Sperrfeuer eröffnet. Ich rannte los, blind, ohne Plan und direkt in Brubacker rein, der wie angewurzelt vor dem Fahrstuhl stand.
“Los rein da!”, brüllte ich ihn panisch an, während um uns herum Kugeln in den Boden und die Wände einschlugen.
Irgendwie stolperten wir im Kugelhagel in den Aufzug. Ich hatte völlig den Überblick verloren. Ich wollte nur weg – kein weiteres Mal sterben und regenerieren.
“Fahrt hoch, wir geben Deckung”, befahl Risa.
Irgendjemand drückte auf den Knopf, die Tür ging zu und der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung. Die Schüsse waren nur noch dumpf zu hören und wurden langsam leiser. Nach einer langen Fahrt nach oben stürzten wir schwer atmend aus dem Aufzug.
“Wo ist Alaska?”, fragte Pike plötzlich.
“Scheiße!”, antwortete ich und rief in den Funk. “Risa, Alaska fehlt.”
Es dauerte einige Sekunden, dann hörte ich die Stimme von Risa.
“Er ist bei uns. Hatte die Orientierung verloren. Wir bringen ihn hoch.”
Nachdem auch der Sicherungstrupp oben war, verließen wir die Onyx-Anlage, übertrugen die Daten zur Hockrow Agency und flogen völlig fertig zur Orbitalstation Bajini Point. Nach der Landung sah ich Husky auf dem Boden liegen. Er hatte sich eine Überdosis gegeben.
Verzweifelt stütze ich den Kopf in die Hände. Gerade hatte ich die Antwort der Hockrow Agency gesehen. Die Daten waren zwar wertvoll, aber nicht ausreichend. Mit Sorge dachte ich daran, erneut in die Onyx-Anlage zu gehen. Das unvorsichtige Verhalten von Brubacker, Alaska und Husky stellte nicht nur eine Gefahr für sie selbst, sondern für die gesamte Gruppe dar. Auch ich musste fokussierter sein. Ein tiefer Seufzer kam über meine Lippen. Dann musste ich an den überaus professionellen Einsatz mit TYR im Farro-Data-Center denken und fragte mich, ob es nicht besser wäre, mit Pike und TYR allein in die Onyx-Anlage zurückzugehen. Andererseits musste Brubacker mit eigenen Augen sehen, was dort geforscht wurde, um einen glaubwürdigen Artikel zu veröffentlichen. Und die wissenschaftliche Expertise von Alaska war auch hilfreich. Das Wichtigste war, dass wir Dr. Jorrit und die ASD zu Fall bringen, egal wie. Sie durften mit ihren dunklen Machenschaften nicht durchkommen. Es war noch nicht vorbei.