Log #140 – Project ENOS – Die Renaissance

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Um an Informationen über Projekt Enos zu kommen versuchten wir eine Party auf einer 890 Jump zu infiltrieren.


Die Geheimnisse von Projekt ENOS lagen verborgen im Sand. In einer Höhle auf dem Mond Daymar. Bewacht von Söldnern der Blutroten Front. Die Helldiver hatten den Auftrag die Höhle einzunehmen und die Informationen zu sichern. Dazu benötigten sie den Vitalskincode von Eris, dem Gastgeber der Kooperationsfeier der Thiago Lobby auf der Renaissance. Die einzige Möglichkeit den Vitalskincode vom Träger zu extrahieren war seine Vitalwerte massiv zu senken. Sterben durfte er dabei jedoch nicht. Wie sollten wir das schaffen? Es war schwierig genug in die Nähe von Eris zu kommen. Geschweige denn ihn in ein Koma oder Kryoschlaf zu versetzen. Wir überlegten wie wir vorgehen könnten, schätzten unsere Chancen ab. Eines war klar, wir mussten auf die Renaissance, der Origin 890 Jump Luxusjacht und die Thiago Party infiltrieren.

Unsere Eintrittskarte war Thane. Er war als Vertreter der Microtech Protection Force offiziell eingeladen. Allerdings mussten wir in Bereiche des Schiffs zu denen Gäste keinen Zugang hatten. Thane schaffte es Lunaria, Kjeld und mich mit falschen Identitäten in das Thiago Technical Flight Team einzuschleusen. Als Techniker hatten wir Zugang zu allen Bereichen des Schiffs, außer zur Battlebridge und zu den Gemächern von Eris. Am Abend vor dem Einsatz stimmten Lunaria, Kjeld und ich unser Auftreten an Bord der 890 ab. Wir waren bereit. Und wir waren nicht die einzigen denen eine Infiltration gelungen war. Gedanklich ging ich den bevorstehenden Einsatz durch, machte mich mit meiner falschen Identität vertraut und packte meine Sachen in einen Rucksack.

*****

Mit einem Shuttle landeten Lunaria, Kjeld und ich auf der Renaissance. Sanft und leise schlossen sich die Hangartore über uns. Kein lautes Rumms wie in Industrie- oder Militärschiffen. Der Luxus an Bord zeigte sich nicht nur optisch, er war allgegenwärtig zu hören und zu spüren. Passend zum makellosen Glanz der Luxusyacht waren wir ganz in weiß gekleidet. Kaum hatten wir das Shuttle verlassen wurden wir von zwei Wachen in roter Rüstung kontrolliert. Bei einem Rundgang durch das untere Deck verschafften wir uns einen Eindruck über die Lage an Bord. Die Wachen waren überall. Sie liefen Streife, meist zu zweit. Völlig unerwartet tauchten sie auf, beobachteten uns und gingen weiter. Es war unmöglich alleine und ungestört etwas zu machen. 

Im Maschinenraum taten wir so als ob wir die Systeme überprüften. Für einen Augenblick waren Lunaria, Kjeld und ich alleine. Nach einem prüfenden Blick über die Schulter rief ich den Lift der uns eine Ebene nach oben bringen würde. Plötzlich tauchte eine Wache auf. Das Herz rutschte mir in die Hose. Ich fühlte mich ertappt und wartete auf den Anschiss. Doch die Wache blieb ganz ruhig. Stand nur da und beobachtete uns. Trotzdem fühlte ich mich unwohl, unfähig frei zu agieren. Wie Raubvögel kreisten die Wachen mit wachsamen Augen ständig über uns. Wir konnten nicht aus der Deckung.

Schließlich bekam ich den Befehl die Gäste mit dem Shuttle abzuholen. Unter den Gästen waren Thane und Brubacker. Als wir mit dem Shuttle zurück waren gab es Probleme mit den Hangartoren der Renaissance. Sie öffneten nicht richtig. Die Landung verzögerte sich. Brubacker schimpfte wie ein Brüllaffe. Der Service wäre schlecht, bei einer Luxusparty würde er etwas anderes erwarten. Er spielte seine Rolle als reicher Schnösel wirklich gut. Wobei ich mir nicht sicher war ob das wirklich nur gespielt war.

Die Störung mit den Hangartoren nutzen wir als Vorwand für einen Rundgang bei dem wir nach weiteren Fehlfunktionen schauen wollten. Im Spa konnten wir ungestört sprechen. Wir standen neben dem Whirlpool. Das plätschern einer Wasserwand übertönte unsere Stimmen.
“Wir müssen Eris unter einem Vorwand in das Shuttle locken. Dann können wir ihn entführen. Vorher müssen wir in der Battlebridge die Kommunikation zur Blutroten Front auf Daymar unterbrechen”, flüsterte Kjeld.
“Wie sollen wir das machen? Eris macht Geschäfte mit seinen Gästen und die Battlebridge ist verriegelt”, fragte Lunaria.
“Die Zugangscodes sind im Quartier von Eris.”
“Zu dem wir keinen Zugang haben.” 

In diesem Augenblick sah ich etwas rotes im Augenwinkel. Ich zuckte zusammen.
“Wir haben Gesellschaft.” 
Wir verstummten. Nur das plätschern und das Rauschen des Wassers war zu hören. Dann sah ich dass die Wache mit dem Fahrstuhl vom unteren zum oberen Deck gefahren war. Sie war durch die Glastür nur kurz zu sehen als der Fahrstuhl am Spa vorbei fuhr. 
“Entwarnung. Ich dachte schon”, ein kleiner Teil der Anspannung fiel von mir ab.

Ohne Idee wie wir an Eris kommen sollten gingen wir zurück zum Hangar. Eine Wache wartete dort bereits. Kurz darauf tauchte eine weitere auf.
“Ihr seid doch die Schiffstechniker. Eine Luftschleuse hat sich von alleine geöffnet. Bringt das in Ordnung”, die Wache klang ziemlich verärgert.
Unter den wachsamen Augen der Wache gingen wir zur Luftschleuse. Sie war wirklich offen, niemand wusste warum. Dann hatte Kjeld eine Idee und wandte sich an die Wache. 

“Möglicherweise sind über die offene Luftschleuse gefährliche Partikel in das Raumschiff gekommen. Wir müssen die Lüftung und die Luftqualität in den Quartieren überprüfen.”
Die Wache schaute uns verdutzt an. “OK. Ich werde Euch begleiten.” 
Der Schatten in roter Rüstung blieb eng an unserer Seite als wir die Gästequartiere überprüften. 

Während wir von einem Quartier zum anderen gingen trafen wir den Butler von Eris. Ich nutze die Gelegenheit und schilderte ihm die Situation.
“Natürlich sollten wir auch die Luftqualität in der Master-Suite von Hr. Eris überprüfen. Nicht das Hr. Eris krank wird von irgendwelchem Weltraumstaub. Können wir das machen”, fragte ich ihn direkt.
“Ich denke das kann ich verantworten. Bitte sorgen Sie für Sicherheit und saubere Luft.”
“Ich werde Sie begleiten”, ergänzte die Wache.
Es war verhext. Wir wurden den Schatten nicht los. Es fand sich keine Gelegenheit ungestört zu sein.

Die Master-Suite war riesig. Es waren mehrere Zimmer auf zwei Halbebenen. Mit staunendem Blick sahen wir uns um.
“Das ist ja witzig. Da steht ein Modell von einer 890 Jump”, sagte die Wache lachend. “Ein Modell einer 890 in der 890. Ob in dem Modell auch ein Modell einer 890 drin ist?” 
Lunaria und ich blieben bei der Wache und bestaunten mit ihr das Modell. Kjeld ging in das Arbeitszimmer. Dort fand er die Zugangscodes zur Battlebridge.

Als wir wieder im Atrium waren trafen wir auf weitere Wachen. Die Sonne strahlte hell durch das große Glasdach. Die Gesichter der Wachen strahlten nicht. Sie wirkten nervös. 
“Das Hangartor hat sich von alleine geöffnet. Ich habe es geschlossen und zwei Wachen im Hangar positioniert. Wir müssen sichergehen dass sich niemand unberechtigt Zugang zum Schiff verschafft. Der Hangar ist vorerst für alle gesperrt.” 
“Da stimmt doch etwas nicht. Das ist nicht normal das Hangartore und Luftschleusen von alleine aufgehen”, befeuerte ich die Nervosität der Wachen. 

“Ihr seid die Schiffstechniker. Ihr müsst doch dafür sorgen, dass so etwas nicht passiert”,  beschimpfte uns eine Wache.
“Ja und Ihr seid für die Sicherheit verantwortlich. Vielleicht will jemand das Schiff entern”,  erwiderte ich. “Am besten positioniert Ihr an allen Eingängen Wachen und stellt sicher dass es keine Eindringlinge gibt. Wir gehen runter und überprüfen die Technik.”

Die Wachen blieben im Atrium während Lunaria, Kjeld und ich zum unteren Deck gingen. Wir hatten uns für einen Augenblick Luft verschafft und waren ohne Bewacher. Die Gelegenheit nutzen wir um auf die Battlebridge zu gehen. Kjeld hatte gerade die Kommunikation zur Blutroten Front deaktiviert als zwei Wachen auftauchten und uns zur Rede stellten. Dann kamen weitere Wachen. Wir waren umringt von roten Rüstungen. Die Situation wurde brenzlig. 

“Ihr habt keinen Zugang zur Battlebridge. Was macht Ihr hier”, raunten uns die Wachen an.
“Die Tür hatte sich von alleine geöffnet als wir vorbei gekommen sind”, versuchte ich uns raus zu reden.
“Wir müssen herausfinden warum sich Türen von alleine öffnen. Im Hangar haben wir Zugriff auf die Systeme. Wir müssen in den Hangar”, Kjeld klang sehr bestimmt.
“Der Hangar ist gesperrt”, stellten die Wachen forsch klar.
Doch einer der Wachleute versuchte die Wogen zu glätten. Es wirkte fast so als würde er sich für uns einsetzen. Er schlug vor, dass wir in Begleitung in den Hangar gehen könnten. Die anderen stimmten nach kurzer Diskussion zu

Im Hangar überprüften Lunaria und Kjeld elektrische Schaltkreise, ich die Computersysteme. Ich hatte keine Ahnung was die Fehlfunktionen auslöste. Mit leerem Blick starrte ich auf das Terminal. Plötzlich zuckte eine Idee wie ein Blitz durch meinen Kopf. 
“Es gab einen Cyberangriff auf das Schiff”, rief ich laut. “Ein Computervirus macht sich in den Schiffssystemen breit. Er befällt verschiedene Systeme. Die Fehlfunktionen mit den Hangartoren und den Luftschleusen war nur der Anfang. Alle an Bord sind in ernsthafter Gefahr. Wir können die Sicherheit an Bord nicht mehr gewährleisten. Wir müssen das Schiff evakuieren.”

“Wir haben nur ein Shuttle für die Evakuierung. Im Shuttle ist nur für wenige Personen Platz und Sauerstoff”, sagte die Wache, die uns schon bei der  Battlebridge half. “Zudem wissen wir nicht ob das Shuttle auch vom Virus befallen ist. Ich empfehle das Eris als wichtigste Person an Bord als erstes evakuiert wird. Mit ihm nur Sicherheit und ein Techniker für den Fall der Fälle. Geht Ihr zum Sicherheitschef und klärt das mit ihm. Ich bleibe bei den Technikern.” 
Die anderen Wachen gingen, Lunaria, Kjeld und ich blieben mit der einen Wache zurück im Hangar. Es war nicht irgendeine Wache. Es war Root. Er hatte den Wachdienst infiltriert.

Zeit verstrich. Es wurde viel diskutiert. Nervös warteten wir am Shuttle. Würde unser Plan aufgehen? Sollten wir es wirklich schaffen Eris von Bord und nach Grim Hex zu bringen um dort seinen Vitalskincode zu extrahieren? Die Minuten verstrichen. Endlich erschien Eris im Hangar. Gemeinsam mit seinen zwei Leibwächtern und einer Wache ging er an Bord des Shuttles. Root und ich folgten. Wir waren unserem Ziel Eris zu entführen ganz nahe. Er war im Shuttle, ich musste uns nur noch raus fliegen. Doch bevor ich mich auf den Pilotensitz setzen konnte nahm einer der Leibwächter am Steuer platz. Ich hatte keine Möglichkeit uns nach Grim Hex zu bringen.

Während der Leibwächter am Steuer das Shuttle startete kniete ich neben Eris. Der zweite Leibwächter und die Wache saßen mir gegenüber. Root stand zu meiner Rechten. Die Situation schien unübersichtlich, unklar was als nächstes passieren würde. Nach dem Start meldete sich der Leibwächter am Steuer zu Wort. “Wir müssen uns so schnell wie möglich in einer Klinik durchchecken lassen. Grim Hex liegt am nächsten. Quantumsprung in 3, 2, 1, Sprung.” 

Die Sache war noch nicht vorbei, wir waren noch im Spiel. Allerdings mussten wir uns überlegen wie wir Eris von seinen Sicherheitskräften separieren konnten um den Vitalskincode zu extrahieren. In Grim Hex waren alle Betten in der Klinik belegt. Noch bevor Root oder ich etwas unternehmen konnten hatte die Wache, die mit im Shuttle war, eine Cutlass Red organisiert. Der erste Leibwächter beorderte alle in die Cutlass. An Bord ging der Wachmann ins Cockpit. Eris und der zweite Leibwächter legten sich für den Check als erstes auf die medizinischen Betten. Der erste Leibwächter nahm Einstellungen an den Betten vor. Root und ich konnten nur zuschauen.

Dann sagte der erste Leibwächter erleichtert. “So die beiden sind im Tiefschlaf. Der Vitalskincode kann extrahiert werden”, es war Citko, der Anführer der Yellowhands. Er hatte die Leibgarde infiltriert. In dem Augenblick kam die Wache aus dem Cockpit. Es war Knecht. Er hatte den Wachdienst infiltriert. Die Yellowhands waren seit der Enos Aktion im Februar auf der Suche nach Eris und hatten uns bei der Infiltration der Renaissance von Anfang an unterstützt. Nachdem ich den Vitalskincode von Eris extrahiert hatte übermittelte Root den Code an die Helldiver. Der Sturm auf die Höhle und die Bergung der Enos Informationen konnte beginnen.

Ich war froh, dass wir auf der Renaissance unser Ziel mit Geschick und Raffinesse erreichen konnten. Es wurde keine Gewalt angewendet, nicht ein einziger Schuß wurde abgefeuert. Auf dem Mond Daymar machten die Helldiver kurzen Prozess und radierten die Blutrote Front aus. Durch eine massive Bombardierung der Höhle hinterließen sie verbrannte Erde. Wir hatten Glück, dass die Sandsteinhöhle durch das massive Bombardement der Helldiver nicht einstürzte und die Informationen über Enos geborgen werden konnten.

Die Informationen waren erschreckend. Enos war was wir vermutet hatten und noch viel mehr. Anfangs ein Heilmittel gegen einen Vanduul Virus wurde er zu einem Kampfmittel gegen den Vanduul Organismus entwickelt. Die Forschungen gipfelten schließlich in der Züchtung von Supersoldaten. Und das alles mit dem Argument es wäre zum Wohle des UEE im Kampf gegen die Vanduul. Ich hätte kotzen können. Die Megakonzerne und das UEE glaubten sie könnten sich alles erlauben. Für sie würden keine Grenzen gelten. Dabei lagen die Grenzen nicht mehr beim Kampf gegen die Vanduul. Es gab verschiedene Gruppierungen die Interesse an Enos hatten. Diese Gruppen wollten Enos nicht gegen die Vanduul einsetzen, sondern gegen Kriminelle und Feinde des UEE. Aus deren Sicht zählten dazu auch die freien Völker und Menschen wie ich.  

Die Perspektive von