Log #139 – Imprint

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Trickste der Imprint den Tod aus oder ich mich damit selbst? Ich wägte die Risiken des Bioscans ab.


Langsam stieg die Energieanzeige. Während ich versuchte den Energielevel des Hand Mininglasers im grünen Bereich zu halten lauschte ich der Stimme von Radio Infinity. Sie erzählte von verschiedenen Kulturen und deren Vorstellung vom Leben nach dem Tod, vom ewigen Leben. Sie berichtete von der Imprint Technologie, der digitalen Kopie eines Individuums. Dass sie uns der Vorstellung vom ewigen Leben ein Stück näher gebracht hatte. Aber auch von Problemen mit der Regeneration nach dem Ableben. Dass ein traumatisches Ereignis wie der Tod oder die Regeneration selbst zu dauerhaften Schäden führen konnte. Ein traumatisches Response Echo konnte den Imprint verändern. Verletzungen die beim Tod entstanden blieben auch nach der Regeneration, trotz des neuen Körpers. Der Imprint einer Person würde mit der Zeit schwächer und weniger lebensfähig. 

Mein Blick schweifte ab. Vorbei am Asteroiden den ich bearbeitete, hinaus zu den Sternen. Bilder von Erinnerungen formten sich vor meinen Augen. Erinnerungen an die Aktion bei der wir die Beweise für den Killersatelliten gesammelt hatten. Ich sah wieder den Feuerball in dem die Carrack nach dem Raketentreffer verschwand. Wir waren dem Tod nur knapp entkommen. Plötzlich machte es klonk und schlagartig war ich zurück in der Gegenwart. Der Hadanite-Brocken, den mein Mining Laser penetrierte, war zerbrochen. Bruchstücke knallten gegen meinen Helm. Schlagartig war mir klar was ich zu tun hatte. Ich musste einen Imprint von mir machen lassen. Lieber mit einem Echo als gar nicht leben.

*****

Einige Tage später war ich auf Orison, der schwebenden Stadt in den Wolken des Gasriesen Crusader. Lange hatte ich überlegt wo ich den Imprint machen lassen sollte. Für dieses kritische Unterfangen kam für mich nur die fortschrittlichste Ausrüstung in Frage. ArcCorp und Lorville erschienen mir qualitativ nicht hochwertig genug. Microtech war mir immer noch zu heiß. Der dunkle Schatten von ENOS schwebte über dem Eisplaneten. Blieb nur Crusader. Nach der Ankunft im Cloudview Center hatte ich sofort das Gefühl richtig zu sein. Die Wolkenstadt hatte eine seltsam beruhigende Wirkung auf mich. Der Aufenthalt war Entspannung, hatte fast etwas von Meditation. Ich mietete mir ein Appartement um ein paar Tage zu bleiben.

Im Krankenhaus bekam ich dann doch ein flaues Gefühl im Magen. Ein vollständiger Bioscan der die DNA, Erinnerungen, Gedanken und die Persönlichkeit eines Individuums aufzeichnete. War das eine gute Idee? Wo wurden die Daten des Imprints gespeichert? Wer hatte darauf Zugriff? Konnte die Aufzeichnung manipuliert werden? Würde ich nach dem Tod als getreuer Sternenbürger regenerieren der ohne zu Fragen die Anweisungen der Megakonzerne befolgte? Oder konnte ich über den Imprint getrackt werden? Nein das erschien mir dann doch zu abwegig. Die Technik war außerirdischen Ursprungs. Die Menschheit verstand die Technik noch nicht. Sie wussten nicht wie und warum der Imprint in Verbindung mit dem lebenden Individuum stand. Ich schüttelte mich und legte mich auf den Scanner. Ein gleißend helles Licht blendete mich, umgab mich wie eine Bettdecke. An mehr konnte ich mich nicht erinnern.

Nachdem ich das Krankenhaus verlassen hatte ging ich in die Voyager Bar. Die Aussicht von der Terrasse war gigantisch. Endlose Weiten. Gigantische Plattformen mit Wohnhäusern und Schiffswerften die schwerelos zu sein schienen. Die Stadt strahlte eine Leichtigkeit und Unbeschwertheit aus. Ich war gefangen im Zauber der sanft herab schwebenden Blätter der Bäume und dem Wasserspiel vor der Skulptur des Weltraum Wals. Das Piepsen meines Mobiglases klang wie meditative Glockenspiele. Ich schaute auf die Nachricht die ich erhalten hatte.

Lieber Zero Sense,
mit Interesse und Begeisterung habe ich Ihren Einsatz bei der Aufklärung des unsäglichen Killersatelliten Skandals wahrgenommen. Es freut mich zu sehen, dass es Menschen gibt die der Wahrheit verpflichtet sind. Die sich für die Schwachen einsetzen. Ich möchte mich für Ihr Engagement erkenntlich zeigen. Damit Sie künftig genug Stauraum und Schutz bei Ihren Ermittlungen haben möchte ich Ihnen eine Rüstung mit Rucksack schenken. Ich habe die Sachen auf Ihr Appartement bringen lassen. Sollte ich irgendwann Ihre wertvollen Dienste benötigen werde ich Sie kontaktieren.
Anerkennende Grüße.
X

Mir stand der Mund offen. Abwechselnd wurde mir heiß und kalt. Wer war dieser X? Woher wusste er von mir und dem Killersatelliten? Woher wusste er welches Appartment ich gemietet hatte? Konnte er auf die Erinnerungen in meinem Imprint zugreifen? Hatte ich mit dem Scan einen großen Fehler gemacht und mich ausgeliefert? Ich hielt mich am Geländer der Brüstung fest. Mein Blick ging nach oben in den Himmel. Eine der gigantisch großen Transport-Drohnen flog über die Voyager Bar. Nein das konnte ich mir nicht vorstellen. Niemand konnte die gigantischen Datenmengen eines Imprint analysieren und einzelne Informationen extrahieren. X musste den Zeitungsartikel von Brubacker gelesen haben. Mein Namen war darin veröffentlicht. Meinen Aufenthalt in Orison konnte er über die lokalen Systeme in Erfahrung gebracht haben. Beim Spaceport, am Zoll, beim Check-In im Appartement, überall hatte ich digitale Spuren hinterlassen. X war entweder ein guter Hacker oder hatte großen Einfluß. Eine Gefahr schien nicht von ihm auszugehen. Alarmiert war ich trotzdem. Schließlich überwiegte die Neugierde meine Sorgen. In meinem Appartement schaute ich mir mein Geschenk an.

Die Reportage von Radio Infinity zur Regeneration…