Log #131 – Eis und Feuer

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Ein Schmuggelauftrag führte mich durch Eis und Feuer.


Ein eisiger Sturm tobte. Es war dunkel und kalt. Ich war direkt vor dem Gebäude gelandet. Der Weg von der Frachtrampe der White-Rabbit bis zur Luftschleuse des Außenpostens war kurz. Trotzdem brauchte ich länger als gedacht. Mit schweren Schritten kämpfte ich gegen den Sturm an. Wenn der Wind nicht so laut gewesen wäre hätte man das knirschen des Schnees unter meinen Füßen hören können. Der Planet Microtech und seine drei Monde waren Eiskugeln. Sie waren am weitesten vom Zentralstern Stantons entfernt und bekamen nur wenig Wärme ab. Ich hätte es besser wissen müssen und trotzdem hatte ich nur eine leichte Rüstung an. Die Kälte bohrte sich wie spitze Nadeln durch meinen Raumanzug. Ich hatte wohl nichts dazu gelernt, als ich in New Babbage auf dem Hochhaus fast erfroren wäre.

Selbst im Außenposten war der Sturm unüberhörbar. Der Wind zerrte an den Wänden und am Dach. Wie eine eisige Faust schlug er auf das Gebäude ein. Die Wandverkleidungen klapperten wie die Zähne eines frierenden Menschen. Es war ungemütlich. Bei einem längeren Aufenthalt hätte ich mir Sorgen gemacht, ob das Gebäude der Gewalt des Eissturms standhalten würde. Aber ich hatte nicht vor länger als nötig zu bleiben. Ich schnappte mir das Paket und verschwand so schnell wie ich gekommen war.

Nachschub Flüge für die Drogenproduktion waren eine zeitkritische Sache. Nicht weil die Ware verderblich war. Man wusste nie wer unerwartet auftauchte. Und wenn jemand auftauchte waren es meistens keine freundlichen Zeitgenossen. Der Schlüssel zum Erfolg war unsichtbar zu sein, unter dem Radar zu bleiben. Und wenn man auftauchte war es das Beste schnell wieder zu verschwinden. Nach dem Start vom Außenposten verschwand ich mit der White-Rabbit, wir verschmolzen mit Schnee und Eis in der Dunkelheit der Nacht.

Das Paket musste ich zu einem Schrottplatz auf einem anderen Mond bringen. Eine andere Eiskugel, die gleiche Kälte. Auch hier wehte ein starker Wind. Er rauschte durch die eisigen Gerippe gestrandeter Raumschiffe. Große Kräne standen auf dem Schrottplatz. Ihre Klauen wehten im Wind hin und her als würden sie sich sanft in einen eisigen Schlaf wiegen. Diesmal war der Weg vom Landeplatz bis zum Gebäude weiter. Ich hatte 15 Minuten bis mich der eisige Griff des Kältetodes ergreifen würde. Und dann war da noch die Unsicherheit. Würde jemand kommen? War schon jemand hier und lauerte in einem Hinterhalt? Verstecke für einen Hinterhalt gab es genug auf dem Schrottplatz. So schnell es der Wind erlaubte lief ich zum Gebäude und lieferte das Paket im unteren Stockwerk ab. Doch damit war mein Auftrag nicht erledigt. Über die Treppe im Freien musste ich in das obere Stockwerk um ein kleines Päckchen Drogen zu holen. Mir war nicht wohl dabei so lange auf dem Schrottplatz zu sein, so lange den Gefahren ausgesetzt zu sein. Den Gefahren der Kälte. Der Gefahr entdeckt zu werden. 

Nachdem ich das Päckchen geholt und den eisigen Schrottplatz verlassen hatte, war ich im Anflug auf die Orbitalstation Port Tressler, dem Zielort für meine Lieferung. Wenigstens ein Ort ohne Eis und Schnee. Ich wollte gerade die Landegenehmigung einholen, als ein Alarm ertönt. Die Schilde flackerten auf und waren binnen Sekunden auf 50% zusammengebrochen. Ohne zu wissen was los war gab ich vollen Schub. Die Triebwerke brüllten und katapultieren die White-Rabbit in Richtung des Planeten. Die Einschläge der Geschosse wurden weniger. Ich entkoppelte den Antrieb, drehte das Schiff um 180 Grad und flog weiter rückwärts mit maximaler Geschwindigkeit. Ich richtete den Scanner auf meinen Angreifer. Es war eine Aurora. Wer zum Teufel griff eine Star Runner mit einer Aurora an? Ich hatte keine Zeit zum Nachdenken. Plötzlich ging ein Ruck durch mein Schiff. Flammen waren durch das Cockpitfenster zu sehen. Die Gravitation von Microtech hatte mich erfasst. Ich tauchte unkontrolliert in die Atmosphäre des Planeten ein. Die Star Runner war in Feuer gehüllt. Die Höhenanzeige raste so schnell, dass ich die Zahlen nicht lesen konnte. Im freien Fall stürzte ich dem Boden entgegen. Die Aurora verfolgte mich noch immer. Ich gab vollen Schub um den Sturz zu bremsen. Die Triebwerke kämpften gegen die Gravitation. Die Aurora kam näher. Dann tauchte auch sie in die Atmosphäre ein und wurde in Flammen eingehüllt. Beide stürzten wir tiefer. Dann raste die Aurora in Form eines Feuerballs an mir vorbei. Meine White-Rabbit gewann an Höhe. Die starken Haupttriebwerke hatten den Sturzflug abgefangen. Die Aurora stürzte weiter in die Tiefe und tauchte nicht wieder auf.

Schließlich konnte ich dem Griff der Gravitation von Microtech entfliehen und landete auf Port Tressler. Ich hatte keine Ahnung wer mich angegriffen hatte. Piraten? Konkurrenten? Die Mächte hinter ENOS oder dem Killersatelliten? Die Thiago Lobby? Das Planetensystem Microtech blieb ein heißes Pflaster für mich. Doch ich musste hier bleiben und Kontakt mit meinem Spitzel bei Shubin halten um mehr über die Hintergründe von ENOS und dem Killersatelliten zu erfahren. Es war ein Spiel mit dem Feuer.