Log #123 – Killersatellit – Der Kampfstoff

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Die Lage spitzte sich zu. Wir bekamen Hinweise auf den Standort des Kampfstoffes für den Killersatelliten.


“Warum treffen wir uns im dunkelsten Eck von Everus Harbor und Du hast ein leuchtendes T-Shirt an”, Brubacker hatte ein ziemlich spitze Zunge.
Ich versuchte ganz ruhig zu bleiben. “Das soll kein Geheimtreffen sein. Ich wollte Euch in aller Ruhe erzählen was in letzter Zeit passiert ist. Wir haben uns seit der Aktion in der Höhle nicht mehr gesehen.”
Ich erzählte von den Gefahrguttransportender Beschlagnahmung des ‘White Rabbit’das ich sie auf Clio gefunden und dass jemand meine Computer durchsucht hatte. Chhris zog gerade die gleichen Schlußfolgerungen wie ich als mein Mobiglas anfing zu piepsen und zu vibrieren. Eine dringende Nachricht. 

“Wartet mal. Eine Nachricht von den Aktivisten. Sie haben Hinweise, dass ein Schiff mit dem Kampfstoff für den Killersatelliten abgestürzt ist. Hier sind die Koordinaten. Wir sollen das Zeug bergen und zum Schrottplatz auf Hurston bringen. Die Aktivisten werden es dann in einem Labor untersuchen. Wir müssen uns beeilen bevor uns jemand zuvor kommt.”

Mit der ‘White Rabbit’ flogen Chhris, Brubacker und ich runter zum Planeten Hurston zur Absturzstelle. Als wir landeten stand der Zentralstern von Stanton knapp über dem Horizont. Das Wrack war in eine schöne orangefarbene Abendstimmung gehüllt. Die letzten Lichtstrahlen fielen durch die Trümmer. Sie sahen aus wie Finger, Finger die nach uns greifen wollten. Wir betraten das Wrack durch einen schmalen Eingang der uns direkt in den Frachtraum führte. Dann hörten wir Stimmen in der abgestürzten Starfarer.

“Ich sichere rechts”, flüsterte ich.
“Ich links”, antwortete Chhris.
Es schien niemand im Frachtraum zu sein. Plötzlich hörte ich Schüsse. In einem Container ging ich in Deckung als Chhris rief. “Einer erledigt. Er war im Gang der nach oben führt.”
“Was sind das für grün leuchtende Frachtbehälter? Ist das Enos”, fragte Brubaker.
“Schauen wir später. Wir müssen erst das Wrack sichern. Und fass nichts an, das Zeug könnte gefährlich sein”, antwortete ich.

Langsam arbeiteten wir uns im Wrack nach oben vor. Als wir um eine Ecke gingen feuerte Chhris. Ein zweiter Gegner sackte zu Boden. Es waren die gleichen Söldner die auch in der Höhle  waren. Wir mussten dem Kampfstoff ganz nahe sein. Sollte er wirklich an Bord sein mussten wir extrem vorsichtig vorgehen. Im letzten Wrack hatten wir gesehen wie gefährlich der Kampfstoff war. Dort hatten wir im Logbuch gelesen, dass ein Crewmitglied erkrankt war, das Kontakt zu dem Zeug hatte. Mit den Waffen im Anschlag gingen wir vorsichtig weiter. 

Söldner fanden wir im Wrack keine mehr, aber noch ein Gestell mit einem grün leuchtenden Frachtbehälter. Chhris öffnete die Verriegelung und fuhr den Behälter aus dem Gestell. In dem Augenblick erkannte ich was es war und schrie. “Chhris, nicht raus nehmen. Lass den Behälter stehen.”
Chhris verharrte. “Ok, ich lass die Finger weg.”
“Das sind Hoch Sicherheitsbehälter. Die haben ein Schutzfeld das dafür sorgt dass der Inhalt nicht entweichen kann. Wenn wir den Behälter aus dem Gestell nehmen trennen wir ihn von der Energiequelle. Das Schutzfeld bricht zusammen sobald der Energiepuffer leer ist. Zur Sicherheit explodiert dann der Behälter und zerstört den Inhalt. Du willst das Ding nicht in der Hand halten wenn das passiert.”
“Da ist ein Display. Auf dem steht 13:11 Minuten. Wieviele von den Dingern waren im Frachtraum?” Chhris verharrte immer noch vor dem Gestell.
“Drei waren im Frachtraum. Wir müssen überlegen, wie wir die 4 Behälter in die Star Runner und zum Schrottplatz bringen. Und das innerhalb von 13 Minuten.”

13 Minuten waren nicht viel Zeit. Aber Chhris hatte einen Plan. 
“Gut, jeder bringt sich vor einem Behälter in Position. Auf Kommando nehmen wir gleichzeitig die Behälter aus dem Gestell. Wer als erstes in der Star Runner ist holt den vierten Behälter. Bru, wir gehen runter in den Frachtraum, Zero bleibt hier bei dem einzelnen Behälter.”
“Wieder runter”, sagte Brubacker genervt. “Das Wrack ist total verwinkelt. Kann mir jemand den Weg nach unten zeigen? Ich hab die Orientierung verloren.”
Nachdem Brubacker und Chhris weg waren stand ich alleine vor dem Behälter mit dem Kampfstoff. Meine Hände zitterten leicht. Brubacker hatte vermutet, dass es sich um den Enos Kampfstoff handelte. Sollte das wirklich stimmen war ich nur wenige Zentimeter von der furchtbaren Waffe entfernt. Ein Schauer lief mir den Rücken runter.

Dann kam das Kommando von Chhris. Ich schnappte mir den Behälter. Kaum hatte ich ihn aus dem Gestell genommen lief die Zeitanzeige auf dem Display des Behälters rückwärts. 
13:11, 13:10, 13:09, 13:08, 13:07, …..
Die Uhr tickte. Der Weg durch das Wrack zur Star Runner war weit. Der Weg zum Schrottplatz war noch weiter. Und wir mussten durch die Atmosphäre von Hurston fliegen. Es würde eine Weile dauern bis wir die oberen dünnen Luftschichten erreichen würden. Erst dort konnte ich den Quantum Antrieb aktivieren. Ich war mir nicht sicher, ob die Zeit reichen würde. Zeit war ein unerbittlicher Gegner. Zeit kannte keine Gnade, keine Pause. Sie schritt voran, ich versuchte Schritt zu halten und rannte so schnell ich konnte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten wir die Kisten im ‘White Rabbit’ verstaut und die Flughöhe erreicht in der ich den Quantum Antrieb starten konnte. Kurze Zeit später waren wir im Anflug auf den Schrottplatz. 20 Kilometer durch die Atmosphäre bis zum Ziel. Je tiefer wir kamen desto langsamer wurde die Star Runner. Wie viel Zeit hatten wir noch? Ich öffnete die Funkverbindung in den Frachtraum zu Chhris und Brubacker. Ich dachte ich hörte nicht richtig. 
“Hör auf mit Enos nach mir zu werfen”, hörte ich Brubacker sagen.
Chhris und Bru benahmen sich wie Kinder. Waren die beiden nahe einem Nervenzusammenbruch? Wie konnte man in dieser Situation rumalbern? 

Endlich hatten wir den Schrottplatz erreicht. Ich hatte keine Ahnung wieviel Zeit wir noch hatten. Ich war mir sicher, nicht viel. Ich informierte Chhris und Bru.  
“Leute, ich werde direkt vor dem Gebäude runter gehen in dem wir das Zeug abliefern müssen. Da ist kaum Platz, richtig landen kann ich nicht. Ich bleibe im Cockpit und versuche die Star Runner stabil zu halten.” 
“Kein Problem, geb bescheid sobald ich die Rampe öffnen kann”, antwortete Chhris.
Mit einem Rums setzte die Star Runner auf. Es krachte und knirschte. Schrottteile verbogen sich unter dem Landegestell. Eingekeilt zwischen Metallteilen und alten Wohncontainern kam die Star Runner zum stehen.
“Wir sind unten. Ich öffne die Rampe. Bringt das Zeug raus. Beeilt Euch”, schrie ich aufgeregt in den Funk.

“Schnapp Dir einen Behälter Bru und bring ihn in das Gebäude. Ich werfe die anderen die Rampe runter”, hörte ich Chhris. 
“Wo muss ich hin”, antwortete Brubacker. 
Es zerriss mir fast die Nerven. Wir hatten keine Zeit und der Schreiberling hatte keine Ahnung. Aufgeregt trommelte ich auf dem Steuerrad herum.
“Der zweite Behälter ist in Sicherheit”, die Stimme von Chhris klang seelenruhig. Hatten wir noch genug Zeit oder hatte Chhris Nerven aus Stahl? Ungeduldig wartete ich auf die nächste Meldung. Schweiß begann mir den Rücken runter zu laufen.
“Dritter Behälter gesichert”, Chhris klang immer noch ganz ruhig.
“Was ist mit dem vierten”, meine Stimme klang viel zu hoch vor Aufregung.

Wenn man wartet schien die Zeit nur langsam zu vergehen. Es war das totale Gegenteil von der schnell vergehenden Zeit auf den Displays der Frachtbehälter die wie Schnee in der Hitze verging. Ich schaute nach rechts aus dem Cockpitfenster. Ein Windrad drehte sich wie in Zeitlupe. Ich schüttelte mich. Alles schien verlangsamt zu sein. Eine plötzliche Ruhe legte sich wie eine wärmende Decke über mich. Es war wie in Trance. Als wenn mein Geist meinen Körper verlassen hätte. Mein Geist wanderte umher. Er sah Chhris und Brubacker in dem Gebäude. Sie standen vor einer Paketstation, eingehüllt in grünem Licht. Plötzlich schreckte mich die Stimme von Chhris hoch. “Geschafft, wir haben den vierten Behälter abgeliefert, Alles gut gegangen. Lass uns verschwinden.”

Einige Zeit später waren wir zurück auf der Orbitalstation Everus Harbor. Wir fuhren mit dem Fahrstuhl zum Cargo Deck. Ich wollte den Aktivisten im geheimen Versteck eine Nachricht hinterlassen. Zu meiner Überraschung saß jemand von den Aktivisten vor dem Eingang auf einer Kiste. 
“Hattet Ihr das Versteck nicht aufgegeben”, fragte ich verwirrt.
“Ja, aber die Sicherheitsbehörden haben im Moment andere Probleme. Irgendwas beschäftigt die gerade. Wir haben unsere Aktivitäten auf der Station wieder aufgenommen. Du kannst hier auch wieder Hadanite verkaufen. Wir bringen es dann raus aus dem Stanton System zu den freien Völkern.”

Erfreut über diese Neuigkeiten ging ich mit Brubacker und Chhris in das Versteck. Chhris und ich ließen uns erschöpft auf das Sofa fallen. Brubacker schaute sich erstaunt um.
“Nett habt ihr es Euch hier eingerichtet”, stellte er fest.
“Zero, ein Versteck kannst Du bestimmt gebrauchen”, sagte Chhris nachdenklich. “Vielleicht wir alle. Irgendjemand wird den Kampfstoff jetzt vermissen. Das wir ihn geklaut haben werden die nicht so einfach hinnehmen. Dich haben sie im Visier Zero. Erst der Anschlag auf Dein Hub, dann die Beschlagnahmung Deines Schiffes, die Durchsuchung Deiner Computer. Wahrscheinlich bringen sie Dich auch mit dieser Aktion in Verbindung. Wir wissen, dass die Hintermänner von Enos sehr mächtig sind. Mit denen ist nicht zu spaßen.”

Müde schaute ich Chhris an. Im Moment konnten wir nur warten bis die Aktivisten den Inhalt der Behälter analysiert hatten. Erst dann würden wir wissen, ob der Kampfstoff etwas mit Enos zu tun hatte. Und wahrscheinlich hatte Chhris recht. Jemand hatte mich im Visier. Es war Zeit um für eine Weile von der Bildfläche zu verschwinden.